Prof. Dr. Michaela Moser ist Leiterin des Bereichs Training Sozialer Kompetenzen an der Europäischen Fachhochschule in Brühl (www.eufh.de). Sie ist weiterhin geschäftsführende Gesellschafterin der evitura GmbH (www.evitura.de), einer Personal- und Managementberatung mit Firmensitz in Köln. Zu ihr gehört das Bewerbungs- und Karriereportal jobkomet, das Tipps und Tricks rund um die Themen Bewerbung und Karriere beinhaltet.

Die Seite stellt professionelle Bewerbungsvorlagen mit Textvorschlägen zur Verfügung, die auf den jeweiligen Karrierestatus (Praktikant, Azubi, Trainee, Fachkraft, Führungskraft) abzielen. Sie helfen bei der Erstellung eines individuellen, passgenauen Bewerbungsanschreiben. Das Team von jobkomet unterstützt darüber hinaus bei der Erstellung und Überprüfung der Bewerbungsunterlagen. Es bereitet Bewerber auf Telefoninterviews und Vorstellungsgespräche vor und hilft bei der Karriereplanung. Weiterhin bietet sie individuelle Soft Skills Coachings an.

1. Sind Soziale Kompetenzen („Soft Skills“) wirklich so ausschlaggebend für den beruflichen Erfolg?

Wer auf der Karriereleiter weiterkommen und beruflichen Erfolg haben will, braucht neben Fachwissen und studienbezogenen Anforderungen – den sogenannten Hard Skills – auch soziale und personale Kompetenzen – die sogenannten Soft Skills. In den Stellenanzeigen sind mittlerweile Kommunikations- und Durchsetzungsstärke, Konflikt- und Kritikfähigkeit sowie Teamfähigkeit als wichtige Schlüsselqualifikationen fest verankert. Das gilt gleichermaßen für Fach- wie auch für Führungspositionen.

Der Stellenwert von Soft Skills ist auf die zunehmende Bedeutung von Teamarbeit infolge wichtiger Megatrends zurückzuführen: Unternehmen sind einem enormen Innovationsdruck mit immer kürzeren Produktlebenszyklen ausgesetzt, weil Kunden in immer kürzer werdenden Abständen neue, innovative Produkte fordern, die auf ihre individuelle Bedürfnisse zugeschnitten sind. Innovationen gelingen als ausgesprochene Teamarbeit aber nur dann, wenn die Teammitglieder über hohe soziale Kompetenzen verfügen und zugunsten des gemeinsamen Innovationsziels kooperieren. Soft Skills sind sozusagen der „Schmierstoff“ der Kooperation und Grundlage für einen situationsadäquaten Umgang miteinander.

Außerdem kommt hinzu, dass das lange Zeit propagierte heroische Führungsparadigma mit einer ausgesprochenen Glorifizierung der an der Unternehmensspitze stehenden Manager immer mehr aus der Mode gerät, weil strenge und steile Hierarchien als Organisationsform an Bedeutung verlieren. Gefragt sind eher flache Hierarchien mit einem teambasierten Führungsansatz. Insbesondere in Expertenorganisationen wird ein kollegialer, hierarchieunabhängiger Umgang bevorzugt. Im Bewerbungsprozess ist es wichtig, die dazu notwendigen Soft Skills etwa durch eine ehrenamtliche Tätigkeit oder entsprechende Trainings zu belegen, sie im Vorstellungsgespräch und natürlich auch im alltäglichen Umgang mit Chef und Kollegen auch unter Beweis zu stellen.

2. Auf welchem Wege lassen sich die eigenen Soft Skills am Besten ausbauen?

Die Beantwortung dieser Frage zielt darauf ab, ob man der Auffassung ist, dass Soft Skills angeboren oder erlernbar sind. Sie wird in Fachkreisen seit langem sehr kontrovers diskutiert. Sicherlich gibt es bestimmte genetische Dispositionen oder frühkindliche Sozialisationsprozesse, die die frühzeitige Entwicklung von Soft Skills begünstigen oder behindern. Grundsätzlich geht man heute jedoch davon aus, dass man Soft Skills über Erfahrungen erlernen kann. Dabei ist es sinnvoll, sich im Rahmen der Selbstreflexion einer ständigen Standortanalyse zu unterziehen und ein möglichst realitätsgetreues Selbstbild zu generieren, um sich seiner eigenen Stärken aber auch Schwächen im Umgang mit anderen bewusst zu sein.

Nur wer sich Zeit nimmt, den Umgang mit anderen zu überdenken und seine eigenen Anteile an etwaigen Konfliktsituationen herauszufiltern, wird seine beruflichen Ziele erreichen. Das eigene Selbstbild sollte man von Zeit zu Zeit dem Fremdbild gegenüberstellen, das man sich von anderen ehrlich zurückspiegeln lassen sollte. So wird es möglich, eventuelle Diskrepanzen zu erkennen und zu überbrücken. Sollen bestimmte Verhaltensweisen verändert werden, können individuelle Coachings und gezielte Trainings in diesem Kontext weiter helfen.


Unsere Hochschule – die Europäische Fachhochschule – bietet deshalb ihren Studentinnen und Studenten schon seit einiger Zeit im Bereich der Soft Skills ein spezielles Training an, in dem die vermittelte Theorie an praktischen Beispielen und Rollenspielen eingeübt wird. Auch ein Ehrenamt im sozialen Bereich – etwa im Kinder- oder Altenheim oder der Bahnhofsmission – sowie eine ausgeprägte Vereinstätigkeit oder ein Mannschaftssport tragen zum Auf- und Ausbau von Soft Skills
bei. Wichtig dabei ist, dass die Entwicklung von Soft Skills als lebenslanger Prozess aufzufassen ist. Man darf ihn nie als abgeschlossen sehen, sondern muss bereit sein, ständig an sich zu arbeiten.

3. Wann werden Soziale Kompetenzen zum Nachteil für den Arbeitnehmer?

Immer wieder mache ich die Erfahrung, dass Personalabteilungen sozusagen proforma die Anforderungen an die Soft Skills potenzieller Kandidaten in die Stellenanzeigen hinein schreiben, ohne sich aber im Vorhinein Gedanken darüber zu machen, wie diese inhaltlich tatsächlich belegt sein sollten und ob gerade die ausgeschriebenen Skills tatsächlich in der konkreten Position benötigt werden.

Wer etwa teamfähig und kommunikativ sein soll und dann lediglich alleine im Büro sitzt und stupide Routinearbeiten ausführt, wird langfristig wohl eher über eine hohe Frustrationsschwelle verfügen müssen als über soziale Kompetenzen. Ausgeprägte Teamfähigkeit könnte sich auch nachteilig auswirken in einem Job als knallharter Sanierer eines defizitären Unternehmens.

In einer solchen Position darf man nicht zimperlich sein, sondern muss auch mal einsame Entscheidungen gegen den allgemeinen Strom treffen. Wer dann zu sehr auf Teamfähigkeit setzt, wird vermutlich nicht unbedingt erfolgreich sein. Deswegen ist es für beide Seiten – den Bewerber und das Unternehmen – umso wichtiger, die notwendigen Soft-Skills-Anforderungen im Bewerbungsprozess auf Übereinstimmung mit der Position sehr genau zu hinterfragen, um nicht später enttäuscht den Arbeitsvertrag im gegenseitigen Einvernehmen wieder auflösen zu müssen.

Neben der sozialen Kompetenz braucht man aber auch personale Kompetenz, also etwa eine hohes Maß an Eigeninitiative, Arbeitsdisziplin, Stressresistenz und Motivation, um im Job erfolgreich zu sein. Wer etwa über eine hohe Teamfähigkeit verfügt, jedoch schnell unter Stress gerät, blockiert sich auf Dauer nur selbst. In diesem Fall nützen dann auch die sozialen Kompetenzen relativ wenig.

4. „Fachliche Führung in Projekten“: Wodurch zeichnet sie sich aus und warum braucht der Projektleiter in verstärktem Maße soziale Kompetenzen?

Projekte sind in der Regel dadurch gekennzeichnet, dass die Geschäftsleitung einen Projektleiter ernennt, der für die termingerechte und fachliche Umsetzung eines Projektes verantwortlich ist. Projektleiter müssen in besonderem Maße durch soziale und personale Kompetenzen glänzen, weil sie keine disziplinarische Verfügungsmacht über die Projektmitglieder haben.

Die Projektmitglieder werden zwar in das Projekt entsendet, bleiben aber in der Regel disziplinarisch dem entsendenden Abteilungsleiter zugeordnet. Anweisungsbefugnis hat der Projektleiter gegenüber den Projektmitgliedern daher nicht. Er kann die Projektmitglieder nicht durch positionale Autorität zu gruppen- und projektziel konformen Verhalten überzeugen, sondern muss sie qua personaler Autorität überzeugen und motivieren. Das ist natürlich viel schwieriger als wenn man über die entsprechenden „Schulterklappen“ verfügt. Deswegen eignen sich Projektleitungen auch sehr gut dazu, um den Nachweis über die eigenen Führungsqualitäten zu erbringen und sich für weitere Führungspositionen zu qualifizieren.

5. Was gibt es, seitens der Projektleiter, bei der Teamzusammensetzung zu beachten?

Wenn der Projektleiter in der glücklichen Lage ist, sein Team selbst zusammenstellen zu können, ist es ratsam auf folgende Besonderheiten achten:

-Bevor Einstellungsgespräche geführt werden, sollte der Projektleiter zunächst eine detaillierte Tätigkeitsanalyse vornehmen, um darauf aufbauend das detaillierte Anforderungsprofil und damit die gewünschten Soft Skills adäquat bestimmen zu können. Dabei ist auch zu berücksichtigen, welches Wissen und welche Erfahrungen erforderlich sind. Unterschiedliche Wissens- und Erfahrungsbestände erfordern gegebenenfalls die bewusste Bildung altersgemischter Teams. Anderenfalls rät die gängige Teamforschung eher zu homogenen Teams.

-Weiterhin muss der Projektleiter sich Gedanken darüber machen, welche Rollen in seinem Team besetzt werden müssen. Besteht das Projektziel darin, eine Produktinnovation hervorzubringen, wird er mit Teammitgliedern, die vor allem organisatorische oder steuernde Tätigkeiten als Arbeitspräferenz haben, scheitern. Vielmehr muss er sich Projektmitglieder suchen, die gerne Innovationen hervorbringen und fachlich und von ihrem Erfahrungsstand dazu auch in der Lage sind. Gegebenenfalls wird der Projektleiter – je nach Projektphase – die Teamzusammensetzung im Laufe des Projekts sogar verändern, Teammitglieder austauschen oder etwa das Team um neue Mitglieder ergänzen müssen.

-Einige Beratungshäuser sind deshalb konsequenterweise dazu übergegangen, Mitarbeiter nach Persönlichkeitstests in diese unterschiedlichen Rollen einzuordnen und dementsprechend – je nach Anforderung des Projekts – einzusetzen.