Die Ypsiloner prägen eine humanisierte Führungskultur. Sie stehen für Autonomie und Gestaltungsraum, für Gleichrangigkeit und Selbstorganisation. Jenseits von Topdown-Organigrammen postulieren sie eine Führungskultur, die sich die älteren Kollegen zwar ebenfalls wünschen, aber meist kaum einzufordern wagen.
Die Generation Y folgt der Theorie Y von Douglas McGregor, seinerzeit Managementprofessor am MIT. Sein Y steht für die Hypothese vom grundsätzlich engagierten Mitarbeiter, der durch befruchtendes, einfühlsames Führen noch engagierter wird.
Dass sie eine andere Art von Führung verlangt, versteht sich fast wie von selbst. Sie entfaltet sich am besten im Rahmen eines kollaborativen Managementstils.
Dazu der „Vorstandsflüsterer“ Philipp Riederle, 18, in einem Interview mit ChangeX: „Was uns vorschwebt, ist ein Chef, der nicht direkt anweist, sondern die richtigen Rahmenbedingungen schafft, der nicht seine Autorität ausspielt, sondern motiviert, die Richtung weist, Feedback gibt – nicht ein- oder zweimal im Jahr, sondern ständig. Die Dinge in die Hand nehmen – das tun wir selbst.“
Die Ypsiloner: Wie sie wurden, wie sie sind
Oft sind die Ypsiloner als Einzelkinder groß geworden und haben viel Aufmerksamkeit bekommen. In familiäre Entscheidungen waren sie gleichberechtigt integriert. Wer auf diese Weise Kooperation und Dezentralisierung von Macht erlebte, will sich nicht in betonierten Hierarchien einengen lassen.
Viele von ihnen haben die Trennung der Eltern erlebt oder die Fürsorge eines intakten Umfelds verloren. So haben sie Selbstorganisation und Eigenverantwortung unausbleiblich gelernt. Ihr online-organisiertes Netzwerk ersetzt nun die traditionellen Strukturen. Und sie wollen soziale Bande mit vielen Menschen, damit der einzelne Verlust nicht so schmerzhaft ist.
Gesellschaftliche Verantwortung ist ihnen wichtig
Natürlich: „Den“ Digital Native gibt es nicht. So wie überall ist auch hier die Bandbreite groß. Doch ganz ohne Zweifel: Die Generation Y verändert unsere Arbeitswelt. Das Web ist für sie kein Paralleluniversum, sondern ein Teil ihres sozialen Lebensraums. Sie integrieren die dort geltenden Prinzipien der Zusammenarbeit in den Arbeitsalltag und fordern dies auch von der Führungscrew ein.
Sie lassen sich nichts befehlen, sondern wollen verstehen und angemessen beteiligt werden. Sie verlangen ein hierarchiearmes Umfeld und Experimentierfelder anstelle eines Regelkorsetts. Sie engagieren sich stärker sozial und wollen Sinnstiftendes leisten. Und von ihrem Arbeitgeber erwarten sie, dass er gesellschaftliche Verantwortung zeigt.
Ihre Werte werden die Zukunft der Arbeit prägen
Schon längst transformiert die Generation Y die Unternehmenskultur und sorgt dafür, dass die Businesswelt mit der sozialen Entwicklung Schritt halten kann. Dabei geht es im modernen Miteinander vor allem darum, soziale Abstände zu reduzieren, Gemeinsamkeiten zu betonen und sich auf die gleiche Stufe zu stellen. Die Werte, für die sie steht, werden die Zukunft der Arbeit maßgeblich prägen. Dies sind:
- Kooperation statt Konfrontation,
- Gleichrangigkeit und Selbstorganisation,
- Dialog und Interaktion,
- Teilen und Partizipation,
- Transparenz und Wahrhaftigkeit,
- Kreativität und Schnelligkeit.
Im Detail bedeutet dies u.a.:
Herrschaftswissen ist ihnen fremd
Digital Natives sind es gewohnt, dass Informationen offen zugänglich sind und von allen geteilt werden. Herrschaftswissen, das gefiltert und ausgesiebt die Silos hinunter wandert, ist ihnen fremd. Werden Informationen benötigt oder muss Wissen aufgebaut werden, um an eine neue Aufgabe heranzugehen, dann fragen die Digital Natives nicht ihre Führungskraft, sondern sie starten eine Online-Recherche.
Denn wer ständig vernetzt ist, sucht auch im Web. Und die, für die das Browsen im Internet ein permanenter Zeitvertreib ist, sind im Finden sehr flott. Warten, bis der Chef seine Sprechstunde hat oder zwischen all seinen Meetings eine freie Minute findet, kommt für sie nicht in Betracht. Ihr Wissen halten sich Digital Natives auch nicht auf Vorrat, sondern sie holen es sich dann aus dem Netz, wenn sie es brauchen.
Privatzeit ist ein wertvolles Gut
Netzwerk-Reputation ist den Millennials wichtig, und sie wird penibel gepflegt. Dabei erfordert die zunehmende Komplexität des realdigitalen Lebens einen recht hohen zeitlichen Aufwand. Privatzeit wird dabei zu einem wertvollen Gut, dass man nicht leichtfertig dem Arbeitgeber opfert.
Rund 56 Prozent aller Benutzer von sozialen Netzwerken, so eine Erhebung der Website MyLife.com, sind außerdem von einem Syndrom betroffen, das als „Fear of Missing Out“ (FOMO) bezeichnet wird. Darunter versteht man die Angst, etwas Wichtiges zu verpassen, den Anschluss zu verlieren oder nicht dauernd auf dem neuesten Stand zu sein. So schaut die junge Generation im Durchschnitt 186 Mal am Tag auf ihr Handy.
Süchtig nach Feedback
Digital Natives sind geradezu rückmeldungssüchtig. Sie können gar nicht genug davon bekommen, zu erfahren, wie andere über sie denken. Denn sie haben sich an sofortiges Feedback gewöhnt. Wurde im Web was gepostet, rauschen die Kommentare dazu im Sekundentakt rein. Und jedes ‚Like‘ ist wie ein virtuelles Schulterklopfen.
Auch in Online-Games wird man für vollbrachte Spielleistungen postwendend belohnt: mit Status-Upgrades, immer höheren Levels, Fortschrittsbalken, Spielgeld und Bonuspunkten. Ganz offensichtlich: Social Networks und digitale Geräte sind perfekte Feedbackgeber – und deshalb haben sie Suchtpotenzial.
Game over? Kein Problem
Von ihrer Firma erwarten junge Mitarbeiter nun das Gleiche wie von einem Online-Game: instant gratification, alles möglichst sofort. „Ich will meinen Punktestand wissen, und zwar gleich!“ So tasten sich die Millennials via Feedback voran. Gamer sind es gewohnt, Fehler zu machen und sich in den jeweiligen Communitys darüber auszutauschen.
„Game over?“ Kein Problem, nächster Versuch! Und der aktuelle Punktestand ist immer präsent. In einem solchen Szenario mit Rückmeldungen bis zum Jahresgespräch warten? Tödlich! Die Generation Y fordert also vehement ein, was in einer guten Führungskultur selbstverständlich sein sollte: Feedback sofort!
So zeigt die Internetgeneration den vor ihnen Geborenen, wo es ab sofort langgeht. Gerade in digitalen Belangen können sie auch deren Mentor sein. Gleichzeitig wird die Generation Y dort, wo ihr Leadership-Aufgaben anvertraut werden, unter anderem lernen müssen, diejenigen zu führen, die in einer topdown-geprägten Arbeitskultur sozialisiert worden sind.