Neben der Resilienz orientierten Selbststeuerung können Führungskräfte zwei weitere Hebel ansetzen, um ihr Unternehmen belastbarer und leistungsfähiger aufzustellen:
2. Resilienz orientierte Führung
Loslassen, Zutrauen, Ermutigen, Einbeziehen
Forschungsergebnisse aus den Neurowissenschaften zeigen: Menschen streben intrinsisch danach, positive Gefühlszustände zu erzielen. Diese stellen sich jedoch bei Erfolg automatisch ein. Sofern Menschen einen Sinn in Ihrem Tun sehen, ist kein Druck von oben erforderlich bzw. dieser sogar kontraproduktiv. Zudem wird der Unternehmenserfolg gemäß einer groß angelegten Bertelsmann-Studie zu 94% durch die emotionale Identifikation der Belegschaft mit dem Unternehmen bestimmt.
Mit Kontrolle lassen sich keine Potenziale entfalten, keine Mitarbeiteridentifikation, keine Leidenschaft wecken. Zu viele Regeln verhindern das Selberdenken. Das Wissen um die Opportunitätskosten einer ausschließlich fokussierten, zielorientierten Führung kann ein erster Schritt sein loszulassen und zuzutrauen, zu ermutigen, mit einzubeziehen.
Was das bedeutet? Mitarbeitern werden Aufgaben übertragen, ohne ihnen dabei ständig über die Schulter zu schauen. Sie werden sie bei wesentlichen Entscheidungen mit einbezogen. Kontrolle „von oben“ wird weitgehend durch Selbstkontrolle bzw. das Kollektiv ersetzt.
Lebt die Führungskraft „begleitende Führung“, deren Grundlage die vertrauensvolle Beziehung zu den Mitarbeitern ist, unterstützt dies deren Eigenverantwortung und Lösungsorientierung. Dabei versteht sich die Führungskraft nicht als oberster Trouble Shooter oder als oberster Sachbearbeiter, sondern als Begleiter.
Dieser weiß zusammen mit seinem Team flexibel mit Herausforderungen und Veränderungen umzugehen. Die Führungskraft vermittelt im Wesentlichen Visionen und fördert das Streben nach gemeinsamen Zielen. Wesentliche Grundvoraussetzung: Empathie – frei nach dem chinesischen Schriftzeichen für Zuhören: Dieses enthält nicht nur das Zeichen für Ohr, sondern auch für Augen, Aufmerksamkeit und Herz.
Überzeugung von der eigenen Selbstwirksamkeit
Viele Manager betrachten sich selbst als Opfer des Systems „Unternehmen“, das sie – willentlich oder unwillentlich – dazu bringt, sich entgegen ihrer eigenen Überzeugungen zu verhalten. Oft wird viel Zeit und Kraft darauf verwendet, sich über Faktoren zu beklagen, die nicht beeinflussbar sind. Darüber wird vergessen, die Spielräume zu nutzen, die in der Tat bestehen (Stichwort: Selbstwirksamkeit).
Resilienz orientierte Führung heißt: Im Rahmen der Möglichkeiten eine Balance zu finden zwischen einer positiven Beziehungsgestaltung mit ausreichenden Freiheiten für die Mitarbeiter einerseits und fordernder Führung mit klaren Erwartungen und Zielen andererseits. Führungskräfte benötigen eine gewisse innere Gelassenheit, um die Spannung zwischen Vertrauenserwartung und Vertrauensmissbrauch aushalten zu können. Vertrauen kommt nicht umsonst von „sich etwas zu trauen“. Was hierbei hilft: Legen Sie das Menschenbild zu Grunde, das sie auch für sich selbst in Anspruch nehmen! So unterstützen Sie ein Umfeld, das Selbstverantwortung fördert.
3. Resilienzförderung im Team
Jeder Mitarbeiter bringt seine eigene Kapazität an Resilienz in das Team mit ein. Die Resilienz des Teams ist jedoch mehr als die Summe der individuellen Belastbarkeit der zugehörigen Mitarbeiter: Das Geheimnis resilienter Teams liegt in der Qualität der Interaktion seiner Mitglieder. Dazu bedarf es eines Umfelds, in dem die Mitarbeiter ihre volle Leistungsfähigkeit zeigen können (vgl. Punkt 2), und einer Führungskraft, die in Sachen Resilienz als Vorbild fungiert (vgl. Punkt 1).
Eine qualitativ hochwertige Interaktion gelingt aber tatsächlich nur dann, wenn auch im Team wahrgenommen und angenommen wird, was ist: Werden Stärken und Potenziale erkannt? Sind Kommunikations- und Reaktionsmuster reflektiert? Werden Konflikte und gegenseitige Erwartungen offen angesprochen?
Inwieweit ist ein Team beispielsweise in der Lage, gesammelte Erfahrungen in Form von Erfolgen oder Niederlagen in Erkenntnisse und Verbesserungen umzusetzen? In welchem Maße gehen die Teammitglieder offen und vertrauensvoll miteinander um? Inwieweit suchen sie selbstaktiv nach Lösungen, anstatt darauf zu warten, dass andere ihre Probleme lösen werden? Der offene Austausch im Rahmen von kontinuierlichen Teamentwicklungs-Gesprächen kann Ausgangspunkt sein, um a) existierende „Brandbeschleuniger“ aufzudecken und zu bereinigen sowie b) sich als Team kontinuierlich in Richtung Verbesserung zu bewegen.
Der Begriff „Resilienz“ ist in aller Munde und wird meist als Ansatz zur gezielten Burnout-Prävention im Rahmen des Betrieblichen Gesundheitsmanagements propagiert. Tatsächlich ist Resilienz eine wesentliche Kompetenz, die als Coping-Strategie bei Stress und Herausforderungen fungiert. Damit aber nicht genug!
Ein positives Resilienzfeld wirkt sich eben nicht nur auf den Gesundheitsstatus, die Belastbarkeit und die Leistungsfähigkeit auf individueller Ebene aus, sondern auch auf Teams und Organisationen. Die Resilienzförderung im Unternehmen ist ein sinnvoller Ansatz, um an Agilität – Wendigkeit und Flexibilität – in einem Umfeld ständiger Veränderung, hoher Komplexität und Unsicherheit zu gewinnen und damit als Organisation „in Führung“ zu gehen.