5 Fragen an: Christine Heser

Christine Heser leitet Marketing & Communications der KARRIEREAGENTUR. Darüber hinaus arbeitet Sie als selbständige Texterin für die verschiedensten Branchen des Marketings. KARRIEREAGENTUR ist ein Personalberater, Headhunter und Karriere-Coach in Deutschland, Österreich und Kroatien mit Sitz in Gstadt am Chiemsee. Der Vermittlungsschwerpunkt liegt in den Bereichen IT und Vertrieb.

1. „Er hat sich stets bemüht“ – Eine Floskel, bei der inzwischen bei jedem Arbeitnehmer die Alarmglocken läuten. Welche weiteren Formulierungen sollten hellhörig machen?

Hellhörig sollten doppelte Verneinungen wie z.B. „gaben keinen Anlass zur Beanstandung“ machen. Das heißt dass es nicht schlecht war aber auch nicht mehr.
Auch die sogenannte Passivierungstechnik, („ er führte seine Aufgaben stets weisungsgemäß aus“), wirft nicht wirklich ein gutes Licht auf den Beurteilten.
Und wenn das Unternehmen lieber unwichtige Aufgaben und Eigenschaften des Arbeitnehmers in den Vordergrund rückt, hat es offensichtlich über wichtige Punkte nichts Gutes zu schreiben.
Achtung: Hat Ihr  Vorgesetzte oberhalb seiner Namenswiederholung unterschrieben? Wenn nicht, war es entweder ein Versehen oder weil er sich vom gesamten Inhalt des Textes distanziert!

2. Wie sollte ein optimales Arbeitszeugnis aufgebaut sein?

Ein optimales  Arbeitszeugnis besteht in der Regel aus 17 Abschnitten:

  • Einleitung (Name, Eintrittsdatum)
  • Werdegang (Karriere im Unternehmen)
  • Aufgabenbeschreibung
  • Arbeitsbereitschaft
  • Arbeitsbefähigung
  • Fachwissen
  • Arbeitsweise
  • Arbeitserfolg
  • Erfolgsbeispiele
  • Führungsleistung
  • Leistungszusammenfassung (=Gesamtnote)
  • Verhalten zu Internen (Kollegen u. Vorgesetzten)
  • Verhalten zu Externen
  • Sonstiges Verhalten
  • Beendigungsgrund
  • Dankes- und Bedauernsformel
  • Zukunftswünsche

Sehr wichtig ist, dass wirklich alle Punkte beschrieben sind, sonst gilt der fehlende Bereich als „nicht nennenswerte Leistung“. 
Eine Dankes- und Bedauernsformel  und positive Zukunftswünsche sollten unbedingt dabei sein. Fehlen diese kann das gesamte Zeugnis als mindestens „mangelhaft“ gewertet werden.
Einen Anspruch auf die Erfüllung aller Punkte hat der Arbeitnehmer allerdings nicht.

3. Was gehört auf keinen Fall in ein Zeugnis?

In ein Zeugnis gehören auf keinen Fall Form-, Rechtschreibfehler oder gar Flecken.
All diese Mängel werfen nur ein schlechtes Licht auf den Eigentümer, nicht aber auf den Aussteller.
Auch Hervorhebungen mit Unterstreichungen, Fettgedrucktem und Gänsefüßchen sind genauso unzulässig wie Frage- und Ausrufezeichen.
Das Ausstellungsdatum sollte kein anderes als das Austrittsdatum sein.
Eine Äußerung bzgl. des Austrittswunsches und einer gewerkschaftlichen Aktivität gehören nicht hinein, wenn diese seitens des Arbeitnehmers nicht ausdrücklich gewünscht waren.

4. Was kann ich tun, wenn ich mich in meinem Arbeitszeugnis ungerecht bewertet finde?

Ist der Inhalt des Zeugnisses wohlwollend gestaltet  und dieses auch in seiner äußeren Form richtig, hat man in der Regel nur wenig Handhabe, um auf eine Änderung bestehen zu können.
Natürlich gilt, dass ein Arbeitnehmer  mit guten Leistungen auch das Recht auf ein gutes Zeugnis hat. Nur muss er dies, oder auch der Arbeitgeber das Gegenteil  beweisen und hier wird es schwierig. Sollten in der Vergangenheit schon schriftliche Abmahnungen erfolgt sein, sind die Chancen vor Gericht auf eine positive Änderung sehr klein.
Manchmal hilft eine sachliche Aussprache mit dem Personalverantwortlichen. Wenn dieses keine Änderung bewirken konnte, so weis man danach doch wenigstens warum die Bewertung in dessen Augen so schlecht ausfiel.
Grundsätzlich gilt jedoch, dass eine Änderung (sei es auch in Form oder Rechtschreibung) so schnell wie möglich gefordert werden muss, denn nach Monaten ist der Arbeitgeber nicht mehr  dazu verpflichtet.

5. Viele Arbeitnehmer schreiben ihr Arbeitszeugnis mittlerweile selbst. Ein verlockendes Angebot dank vollkommender Gestaltungsfreiheit oder ein hohes Risiko aufgrund fehlenden Wissens zur Erstellung?

Wenn man sich seiner Sache nicht zu hundert Prozent sicher ist, sollte man wohl besser die Finger davon lassen.
Es gibt einfach zu viele Fehlerquellen.
Auch erkennt man ein „selbstgestricktes“  Zeugnis oft daran, dass der Verfasser zu Übertreibung oder zu viel persönlichem Lob einbringt. Es wirkt schnell unglaubwürdig.

2 Kommentare
  1. Peter
    Peter sagte:

    Die Arbeitszeugnisse werden sehr oft vom Arbeitnehmer selbst verfasst, sowieso im mittleren Management. Ich habe meine Arbeitszeugnisse alle selber geschrieben :-) Was soll der ganze Blödsinn…. ??

    • Karrierefaktor
      Karrierefaktor sagte:

      Wie mit der letzten Frage gezeigt wird: Auch das birgt Fallen und sollte nicht automatisch als beste Lösung angenommen werden. In Deutschland sind Arbeitszeugnisse für den Erfolg einer Bewerbung immer noch sehr entscheidend und sollten deswegen nicht unterschätzt werden ;-)

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