Internationale Teams, globale Kundenkontakte, interkulturelle GeschĂ€ftsbeziehungen: Die Kommunikation mit anderen Nationen wird fĂŒr uns Deutsche zunehmend wichtiger.
Vor allem in Unternehmen, die weltweit Niederlassungen haben oder eng mit Partnern in aller Welt zusammenarbeiten, ist interkulturelle Kompetenz gefragt. Was genau hat es damit auf sich? Es bedeutet zumindest nicht, dass man instinktiv alle Verhaltensregeln aus allen LĂ€ndern erfassen musst. Eine gewisse Weltoffenheit und Lernfreude solltest man auf jeden Fall mitbringen.
Der Blick ĂŒber den Tellerrand
Deutsche sind pĂŒnktlich und gehen zum Lachen in den Keller. Amerikaner sind oberflĂ€chlich. Japaner sind höflich bis zur absoluten Undurchschaubarkeit. Franzosen sind unpĂŒnktlich und stellen den Genuss ĂŒber das GeschĂ€ft â und so weiter, und so fort. All diese Vorurteile und noch viele weitere Stereotypen sind sicherlich bekannt. Und sie alle muss man beiseiteschieben, wenn man interkulturelle Kompetenz erlernen möchte.
Wie man sein Bewusstsein im Umgang mit anderen Kulturen schult und die richtigen Regeln zwischen BegrĂŒĂung und Verabschiedung beherrscht, lĂ€sst sich in speziellen Seminaren systematisch trainieren.
Typische Fallbeispiele:
Indien:
Im Umgang mit indischen GeschĂ€ftspartnern sollte man wissen, dass Meetings in Indien sehr beliebt und hĂ€ufig sind, sie dauern mindestens eine Stunde, oft sogar vier bis acht Stunden. Es empfiehlt es sich auch nicht, einen Inder in ein Steakhaus einzuladen. Denn die Kuh gilt fĂŒr Hindus als heilig. KĂŒhe laufen in Indien frei herum und nur die niedrigste Kaste Indiens ernĂ€hrt sich von Rindfleisch.
1. Die MentalitÀt der Hindus verstehen und annehmen
Nach der Hindu-Mythologie erfĂŒllt eine Kuh die WĂŒnsche des Menschen. Ein Brahmane, der sĂŒndenfrei gelebt hat, kommt nach hinduistischer Lehre als Kuh wieder auf die Welt. Ein Steak auf dem Teller ist also Tabu. Diesen Fehltritt im Umgang mit Indern sollte jeder Gastgeber daher vermeiden.
2. Verhandlungen fĂŒhren und Signale verstehen
Und auch in der nonverbalen Kommunikation gibt es groĂe Unterschieden. Das KopfschĂŒtteln ist in Indien eine Form der Zustimmung. EuropĂ€er ohne Vorkenntnisse kultureller Art missverstehen diese Geste leicht. Da kann ein GesprĂ€ch ohne dieses Vorwissen schnell mal in die Sackgasse fĂŒhren.
3. Sicher begrĂŒĂen und essen in Indien
Die indischen Regeln zur BegrĂŒĂung unterscheiden sich deutlich von den deutschen. Wenn beide HĂ€nde auf Kopfhöhe aneinanderlegt sind und das GegenĂŒber dabei leicht mit dem Kopf nickt, dann stimmt die Geste. Die in Deutschland ĂŒbliche Art der BegrĂŒĂung, nĂ€mlich die HĂ€nde zu schĂŒtteln, ist in Indien dagegen wenig verbreitet. MĂ€nner, die westlich orientiert sind, ahmen diese Geste aber schon mal nach.
PĂŒnktliches Erscheinen ist unter Indern eher unwichtig und daher kaum zu erwarten. Gelassenheit bringt GeschĂ€ftspartner aber weiter. Steht dann ein gemeinsames Essen auf dem Programm, ist es wichtig, die reine von der unreinen Hand zu unterscheiden. Das Essen mit der linken Hand gilt in Indien als unfein. Sollte also kein Besteck zur VerfĂŒgung stehen, dann ist nur mit der rechten zu speisen.
Argentinien:
Argentinien hat einen gut entwickelten Binnenmarkt und die Kaufkraft der Bevölkerung ist die höchste in SĂŒdamerika. So liegt es fĂŒr viele Branchen nahe, mit Argentinien vielversprechende GeschĂ€ftsbeziehungen aufzubauen. Doch auch SĂŒdamerikaner unterscheiden sich in ihrem Verhalten von deutschen GeschĂ€ftsleuten, auch wenn Argentinien viele europĂ€ische Einwanderer aufnahm. 70 Prozent der Bevölkerung weist europĂ€ische oder auch asiatische Wurzeln auf.
1. SĂŒdamerikaner verhandeln anders
Schon der unterschiedliche Verhandlungsstil birgt Gefahren. WĂ€hrend deutsche gerne direkt sowohl positive als auch negative Punkte ansprechen, weisen Argentinier dies zurĂŒck. Sie halten es fĂŒr ungehobelt. Der argentinische Stolz ist unbedingt zu respektieren, um nicht als schroffer Verhandlungspartner dazustehen, der Ablehnung erfĂ€hrt.
2. BegrĂŒĂung mit Argentiniern
Bereits die BegrĂŒĂung ist ein wichtiger Moment bei der GeschĂ€ftsanbahnung. PĂŒnktlich zu sein, ist in Argentinien oberstes Gebot. Beim HĂ€ndeschĂŒtteln wirkt ein LĂ€cheln auf den Lippen sehr gewinnend und erleichtert den Einstieg. Auch die Nennung des Titels ist wichtig. Zudem sind die Argentinier sehr herzliche Menschen. Sie umarmen oder kĂŒssen sich selbst in geschĂ€ftlichen Kreisen gerne. Damit bauen sie eine innige Beziehung im GeschĂ€ftsleben auf, deutlich hĂ€ufiger als Deutsche. Der Augenkontakt ist fĂŒr beide Seiten wichtig und zeugt von Respekt.
3. Warmlaufen mit Smalltalk â die Themenwahl
Deutsche bleiben gerne sachlich und auf Business-Ebene, wenn es um GeschÀftliches geht. Nicht so die Argentinier. Das GeschÀftliche sollte ausgeklammert werden, bis es ein Argentinier anschneidet.
Persönliches ist in Argentinien genauso ein Thema wie der Volkssport des Landes. FuĂball-Themen empfehlen sich als Smalltalk-Thema besonders. Politische Themen wie die Falklandinseln werden dagegen besser ausgeklammert.
4. Mehrere Meetings oder GeschÀftsessen ansetzen
China:
Chinesen sind typischerweise geprĂ€gt von Etikette und Ritualen und dadurch fĂŒr westliche Partner und Kollegen nur schwer zu durchschauen.
In China ist ZurĂŒckhaltung gefragt. Das zeigt sich daran, dass laute Stimmen oder ĂŒberschwĂ€ngliche Gesten bei einer höflichen Konversation nicht zum guten Ton zĂ€hlen. Auch das Wörtchen „Nein“ sollte nicht unbedingt ausgesprochen werden, sondern nur indirekt erwĂ€hnt werden. Als unhöflich wird auch das Zeigen mit einem Finger auf eine andere Person angesehen.
Bei einem Meeting erfolgt die Vorstellung entsprechend der Hierarchie, die Leiter jeder Partei sind die WortfĂŒhrer. Höflichkeit ist das erste Gebot, wobei die Sprecher nicht unterbrochen werden dĂŒrfen.
Japan:
Auch in Japan wird die freundliche ZurĂŒckhaltung geschĂ€tzt. Der direkte Körper- oder Augenkontakt ist nicht angebracht. Zugleich spielt die Hierarchie in diesen beiden asiatischen LĂ€ndern eine wichtige Rolle. Dies zeigt sich schon an der Verbeugung zur BegrĂŒĂung, die bei Untergeordneten tiefer ausfallen sollte. Jedoch ist auch der Handschlag in der GeschĂ€ftswelt Japans und Chinas durchaus ĂŒblich, sodass GeschĂ€ftsreisende abwarten sollten, welche Art der BegrĂŒĂung ihnen angeboten wird.
In Japan lĂ€sst sich der Rang sogar an der Platzierung beim Essen erkennen. Denn je niedriger der Rang ist, desto nĂ€her wird die Person in der NĂ€he der TĂŒr platziert, sodass die Wahl des Sitzplatzes bei GeschĂ€ftsessen stets beachtet werden sollte. Bei der Wahl der Businesskleidung kann es wichtig sein, auf eine zurĂŒckhaltende Auswahl, aber ebenso auf die QualitĂ€t zu achten, denn Kleidung gilt in dem Land als Statussymbol.
USA:
Ein Treffen mit US-Amerikanern hingegen verlĂ€uft wenig formell: Man erhebt sich, sucht den Augenkontakt des GegenĂŒbers, reicht ihm die Hand und sagt lediglich seinen Namen. Die Nennung des Titels ist nicht notwendig und wird oft als arrogant ausgelegt. Hierarchische Strukturen gibt es kaum, Entscheidungen werden in Teammeetings getroffen.
Kulturstandards und Strategien
Zudem kann man lernen, unterschiedliche Kulturstandards wahrzunehmen und Strategien zu entwickeln, die sich unabhĂ€ngig von bestimmten Kulturkreisen anwenden lassen. Diese generelle interkulturelle Kompetenz gibt Sicherheit fĂŒr viele KommunikationsanlĂ€sse im globalen Umfeld.
GrundsĂ€tzlich ist es wichtig, sich selbst besser kennen zu lernen und eine offene Haltung gegenĂŒber fremden Kulturen zu entwickeln. Mit Ăbungen zu Selbst- und Fremdwahrnehmung lĂ€sst sich diese FĂ€higkeit erlernen. Im Ergebnis ermöglicht uns dies, offen auf die Menschen zuzugehen und mit ungewohnten Situationen gelassener umzugehen.
Ziel ist, Ăngste und Stereotypen abzubauen und zu erkennen, dass die eigenen Werte und Verhaltensmuster kulturell erlernt und nicht universell gĂŒltig sind. Wichtig ist zudem die FĂ€higkeit zum Perspektivwechsel. So lĂ€sst sich erkennen, wie das eigene Verhalten von anderen wahrgenommen wird und inwiefern das Gesagte und das Verhalten des GegenĂŒbers mit kulturellen Eigenheiten zu erklĂ€ren ist.
In Seminaren, die genau auf die globale GeschÀftswelt abgestimmt sind, werden Manager und Mitarbeiter auf den Umgang mit anderen Kulturen vorbereitet. Viele Seminare finden direkt in Unternehmen statt, sodass die Inhalte individuell auf die Situation vor Ort abgestimmt werden können.
Bei all den nationalen Besonderheiten darf natĂŒrlich nicht vergessen werden, dass Kultur sich auf der individuellen Ebene Ă€uĂert und es innerhalb einer Nation â letztlich einem kĂŒnstlich geschaffenen geografischen Gebilde â groĂe kulturelle Unterschiede zwischen den einzelnen Menschen geben kann.