Der Begriff „Job-Coaching“ bezeichnet in erster Linie Maßnahmen der Arbeitsagentur und des Jobcenters, die Arbeisuchenden helfen sollen, wieder auf dem ersten Arbeitsmarkt Fuß zu fassen. Aufgrund der Zielgruppe unterscheidet sich die Arbeitsweise eines Job-Coaches mitunter erheblich von der eines Karriere-Coaches. Denn um sich „fit“ für den Arbeitsmarkt zu fühlen, ist es für die Kunden der Arbeitsagentur oder des Jobcenters oft ein weiter und steiniger Weg. Diese Coaching-Prozesse verlangen vom durchführenden Job-Coach mitunter eine große Flexibilität und viel Know-how sowie Feingefühl im Prozess.
Das Fachbuch bietet seinen Lesern einen strukturierten Leitfaden für die tägliche Arbeit – angefangen von der Auftragsgestaltung, über Besonderheiten und Hürden des Job-Coaching-Settings bis hin zu einer Vielzahl praxiserprobter Methoden. Viele der angeführten Modelle und Interventionen lassen sich ebenfalls sehr gut für klassische Karriere-Coachings nutzen.
1. Sie haben ein Handbuch für Job-Coaches geschrieben. Warum dieses Buch?
Das ist schnell gesagt. Weil es bislang eigentlich keine einschlägige Literatur zum Thema Job-Coaching gibt. Wir wollten unseren Kollegen in diesem Bereich endlich einen Leitfaden und ein Nachschlagewerk an die Hand geben, das auf die speziellen Anforderungen des Job-Coachings eingeht.
Auf die Veröffentlichung eines Fachartikels zum Thema im Coaching Magazin (Schlösser &Kiesele 2017) erhielten wir von Kollegen sehr positives Feedback. Das ermutigte uns, Job-Coaches ein praxisorientiertes Handbuch zur Verfügung zu stellen, in dem wir unsere Kenntnisse und Erfahrungen weitergeben.
In diesem Buch haben wir zahlreiche Denkmodelle, Methoden und Techniken zusammengefasst, die sich in unserer täglichen Praxis bewährt haben. Im Fokus steht für uns der Praxistransfer – damit Job-Coaches dieses Buch vor allem in ihrer täglichen Arbeit nutzen können.
2. Was sind denn die speziellen Anforderungen an Job-Coaches?
Die Anforderungen an Job-Coaches sind komplex:
Zum Berufsbild des Job-Coachs gehören zumeinen Haltung und Methoden des klassischen Coachings, zum anderen werden auch Fachkenntnisse über den aktuellen Arbeitsmarkt sowie Erfahrungen als Führungskraft und im Personal- und Bewerbermanagement benötigt. Auch das Wissen über Ausbildungs-, Weiterbildungs- und Qualifizierungsmöglichkeiten ist in diesem Beruf von Vorteil.
Mit dem Job-Coach ist ein neues Berufsbild entstanden, das vielen Ansprüchen gerecht werden soll. Gleichzeitig sind die Inhalte und auch die Durchführung von Job-Coaching-Prozessen diffus und von sehr unterschiedlicher Qualität. Noch gibt es kein klares Berufsprofil. Wir haben in der Praxis allzu oft die Devise „learningbydoing“ beobachtet.
Im Bereich Job-Coaching arbeiten viele Quereinsteiger, wie zum Beispiel Sachbearbeiter, Verwaltungsfachangestellte, Betriebswirte, Arbeitspsychologen, Schauspieler, Lehrer oder Journalisten. Jede dieser Berufsgruppen bringt spezielle Fachkenntnisse mit, die sich durch eine fundierte Qualifizierung im Bereich Coaching gut einbringen lassen. Wer jedoch ohne eine Coaching-Ausbildung als „Job-Coach“ arbeitet, hat vermutlich keinen einschlägigen Methodenkoffer im Gepäck. Er arbeitet als Coach und ist wahrscheinlich mit den wichtigsten Coaching-Grundsätzen nicht vertraut.
Deshalb war es uns wichtig, in unserem Handbuch sowohl Coaching-Knowhow als auch unseren umfangreichen Erfahrungsschatz im Personal- und Bewerbermanagement zu Papier zu bringen.
3. Wie kamen Sie dazu, zusammen dieses Buch zu schreiben?
Wir haben uns bei einem gemeinsamen Auftraggeber kennen gelernt, wo wir u.a. beide als Ausbilderinnen für Job-Coaches tätig waren. Wir haben gemerkt, dass wir beide für das Thema Coaching „brennen“ und uns eine qualitativ hochwertige Ausbildung der Teilnehmer am Herzen lag.
In der Zusammenarbeit hat sich herausgestellt, dass wir als Team gut funktionieren. Zunächst haben wir dann als Autoren den bereits erwähnten Artikel zum Thema Job-Coaching publiziert. Aufgrund der positiven Reaktionen von Kollegen und Weiterbildungsteilnehmern, sind wir „mutig“ geworden und haben uns dazu entschlossen, das Buch zu schreiben. Auf der Suche nach einem geeigneten Verlag, sind wir auf den Junfermann Verlag aufmerksam geworden, der uns dann auch recht schnell ein Angebot unterbreitet hat.
4. Wenn man zusammen ein Buch schreibt, ist man sich sicherlich nicht immer einig. Wie haben Sie das erlebt?
Wichtig war uns in der Zusammenarbeit, dass wir ähnliche Werte und Überzeugungen im Hinblick auf unsere Arbeit als Coaches teilen. Beim gemeinsamen Austausch über die Inhalte zu den einzelnen Kapiteln waren unsere unterschiedlichen Sichtweisen und Erfahrungen spannend. Wir haben oft heiß diskutiert – was immer dazu geführt hat, dass wir noch tiefer in die Thematik eingestiegen sind. Diese fruchtbaren Debatten waren zum Teil anstrengend, haben aber auch Spaß gemacht, weil sie dazu geführt haben, das wir Inhalte hinterfragt, ergänzt und optimiert haben.
5. Job-Coaching, Karriere-Coaching, Business-Coaching… Was genau sind denn hier die Unterschiede und was macht Job-Coaching so besonders?
Ein Karriere-Coach muss seine Klienten nicht erst für „die gute Sache“ gewinnen. In der Regel ist Coaching, z.B. Karriere-Coaching, ein Angebot, das bewusst ausgesucht wird. Entweder ein Klient möchte mit der Unterstützung eines Coaches sein berufliches Anliegen gezielt in Angriff nehmen, oder Unternehmen und Organisationen engagieren einen Karriere-Coach im Rahmen ihrer internen Führungskräfteentwicklung. Meist ist so ein Karriere-Coaching mit einem nächsten Schritt auf der Karriereleiter verbunden.
Job-Coachings werden in der Regel von sozialen Trägern und Weiterbildungseinrichtungen angeboten und von den Ämtern oder dem Europäischen Sozialfond finanziert. Nimmt ein Kunde ein Job-Coachingz.B. von der Arbeitsagentur oder dem Jobcenterin Anspruch, benötigt er einen sogenannten AVGS (Aktivierungs- und Vermittlungsgutschein). Dieser kann ausschließlich bei zertifizierten Trägern eingereicht und genutzt werden.
Viele Klienten kommen aber zunächst gar nicht freiwillig, sondern fühlen sich zu dieser Einzelmaßnahme „geschickt“ und im Extremfall zur Teilnahme „gezwungen“. Darüber hinaus ist der Job-Coaching-Prozess zu Beginn oft von dem bestimmt, was der Klient an negativen Vorerfahrungen mitbringt. Und das ist oft ein Bündel an Hoffnungslosigkeit, fehlender Motivation, Frust und ein wackliges Selbstbewusstsein. Deshalb unterscheidet sich gerade der Einstieg in das Job-Coaching maßgeblich von der Vorgehensweise im Karriere- oder Business Coaching.
Was zeichnet Sie beide persönlich aus?
Karin Kiesele:
Mit Menschen im Kontakt zu sein, liegt mir beruflich und privat am Herzen. Ich setze auf gute Ergebnisse durch ein offenes und wertschätzendes Miteinander. Ich glaube rein menschlich gesehen bin ich ein kreativer, humorvoller, empathischer und herzlicher Charakter.
Meine Haltung in der Zusammenarbeit mit meinen Klienten ist bestimmt durch Sensibilität, Offenheit und Flexibilität. In fachlicher Hinsicht bringe ich neben einem akademischen Abschluss in Kommunikationswissenschaften und einer fundierten Coachingausbildung vor allem langjährige Führungserfahrung mit. Rund 15 Jahre war ich in leitender Funktion bei nationalen und internationalen Liveshows fürden Inhalt der Sendungen verantwortlich.
Andrea Schlösser
Ich bin ein Mensch, dem Selbstbestimmung sehr wichtig ist. Für mich steht die persönliche Entwicklung nicht nur bei meinen Klienten im Fokus. Auch bei mir spielt das eine große Rolle. Lebenslanges Lernen gepaart mit einer gesunden Portion Selbstreflexion begleiten meinen Alltag. Ich bin transparent, strukturiert und klar. Das sind übrigens auch die Punkte, die meine Klienten sehr an mir schätzen. Privat liebe ich es mit meiner Familie unterwegs zu sein und neue Länder zu entdecken. Ich merke dann auch immer wieder, dass mich das Reisen beim „out of the box“ Denken unterstützt und meine Offenheit gegenüber anderen Menschen bestärkt.