Also unauffällig verhalten, den nichtssagenden Gesichtsausdruck auflegen, bloß keine hastigen Bewegungen, die die Aufmerksamkeit des Vorgesetzten auf einen lenken könnten. Und dann… „Frau Meyer, würden Sie die Leitung des Projektes übernehmen?“ Es durchfährt Sie wie ein Blitz, Ihr Körper verkrampft, Schweißperlen bilden sich auf der Stirn, der Magen rebelliert… und Sie sagen: „Ja, sehr gern.“
Warum es uns so schwerfällt, nein zu sagen
Zugegeben, die Einleitung in diesen Beitrag war ein wenig dramatisch, doch es dürfte nun klar sein, mit welchem Thema wir uns hier beschäftigen wollen. Es geht darum, endlich zu lernen, nein zu sagen – auch wenn die Frage vom Chef kommt und auch wenn Sie das Gefühl haben, dass ein beruflicher Nachteil aus Ihrer Ablehnung entsteht. Doch bevor wir uns den praktischen Tipps zuwenden, soll erst einmal eine zentrale Frage geklärt werden: Warum fällt es uns überhaupt so schwer, nein zu sagen?
Die Psychologie hat hierauf eine ganze Reihe von Antworten. Es gibt unterschiedliche Gründe, die dazu führen, dass wir eher „ja“ statt „nein“ sagen. Hier finden Sie ein paar davon:
- Ein „Nein“ wirkt negativ – die meisten von uns wollen aber tendentiell positiv wahrgenommen werden
- Die Gefahr, jemandem vor den Kopf zu stoßen, ist größer
- Ja-Sager ecken weniger an
- Ein „Ja“ wirkt automatisch freundlich, offen, sympathisch und zugewandt – ein „Nein“ hingegen bewirkt (so der allgemeine Tenor) das Gegenteil
- Wer nein sagt, muss sich häufig erklären und ist Nachfragen ausgesetzt
- Ein „Nein“ hat oftmals einen egoistischen Beigeschmack
- Es fehlt schlichtweg das Selbstbewusstsein, nein zu sagen
Unterm Strich: Wer Probleme damit hat, „nein“ zu sagen, der hat nicht Angst vor dem Wort an sich, sondern Angst vor den Konsequenzen, die daraus resultieren. Doch hieran können Sie etwas ändern.
So werden Sie zum Nein-Sager!
Das Wichtigste gleich vorweg: Es ist absolut in Ordnung, nein zu sagen – und manchmal ist ein „Nein“ sogar die einzig richtige Antwort. Wenn Sie trotzdem noch Probleme damit haben und Ihnen ein „Ja“ deutlich leichter über die Lippen geht, sollten Sie sich die nachfolgenden Aspekte einmal ganz genau durchlesen.
Ein „Nein“ als Selbstschutz
Kommen wir noch einmal zurück zu Frau Meyer, deren Schicksal wir Ihnen zu Beginn des Beitrags erzählt haben. Obwohl Sie bereits an ihrer Belastungsgrenze angekommen ist, hat sie nicht nein zu den zusätzlichen Aufgaben und Verantwortungen gesagt – und sich damit einem hohen gesundheitlichen Risiko ausgesetzt.
Dieses Beispiel macht deutlich, dass nein sagen in vielen Situationen etwas mit Selbstschutz zu tun hat. Wer immer ja zu allem sagt, der will es anderen Menschen recht machen – und verliert dabei die eigenen Bedürfnisse aus den Augen. Ein „Nein“ hingegen kann Sie effektiv vor diesem einen Tröpfchen schützen, das das Fass am Ende zum Überlaufen bringt.
Der Ton macht die Musik
Die Gleichung „Nein = unhöflich“ ist schlicht und ergreifend falsch. Sie können Ihrem Gegenüber durchaus etwas ausschlagen und dabei gleichzeitig noch freundlich sein. Hier gilt nicht nur das altbekannte Sprichwort „Der Ton macht die Musik“. In aller Regel ist es auch so, dass ein „Nein“ nicht allein im Raum stehen gelassen werden sollte.
Das bedeutet: Begründen Sie Ihre Ablehnung – aber bitte nur kurz und knapp! Niemand verlangt von Ihnen endlose Rechtfertigungen, weil niemand die Zeit hat, sich diese anzuhören. Ein „Nein“ wird in der Regel anstandslos akzeptiert, wenn man es mit wenigen Worten begründen kann. Schickt man es hingegen als Einzelkämpfer in die weite Welt, müssen Sie sich auf Nachfragen einstellen.
Klein anfangen und steigern
Mit dem nein sagen ist es wie mit jeder guten oder schlechten Angewohnheit: Man muss sie sich schrittweise an- beziehungsweise abtrainieren. Darum ist es auch völlig in Ordnung, zunächst klein anzufangen und sich dann nach und nach zu steigern.
Wenn Sie beispielsweise das nächste Mal eine Einladung zum Kaffeekränzchen mit Freunden erreicht, für das Sie eigentlich keine Zeit haben, ist das ein guter Einstieg. Wenn Sie es schaffen, dazu nein zu sagen, können Sie immer größere Herausforderungen in Angriff nehmen.
Seien Sie sich des Problems bewusst
Was ist eigentlich so schlimm daran, ein Ja-Sager zu sein?
Nun, wer immer nur ja sagt, will es – wie weiter oben bereits erwähnt – allen recht machen und sich in einem positiven Licht präsentieren. Letztlich keine schlechte Taktik – zumindest aus Sicht der anderen.
Denn während die sich über Ihre Zusagen freuen, vernachlässigen Sie systematisch Ihre eigenen Bedürfnisse. Fragen Sie sich daher vor jedem „Ja“: Was bringt es mir?
Lautet die Antwort schlichtweg „Nichts.“, dann ist es allerhöchste Zeit für ein klares und unmissverständliches „Nein“. Haben Sie keine Angst, dabei egoistisch zu wirken, denn diese Taktik ist weit verbreitet.
Ja-Sager gelten als rückgratlos
Und noch ein Argument, das deutlich für mehr „Neins“ in der Büro-Kommunikation spricht: Wer zu allem ja sagt und nie sein Veto einlegt, gilt schnell als jemand ohne Rückgrat – und das wiederum vermindert Ihre Chancen auf Beförderung, mehr Gehalt und Co. ungemein.
Sicherlich, es erfordert jede Menge Mut, dem Chef eine Bitte auszuschlagen, doch wer weiß: Vielleicht ist genau diese Tat letztlich der Befreiungsschlag, der Ihrer Karriere auf die nächste Ebene verhilft.
Reaktionen sind oft ganz anders als befürchtet
Die Mehrheit der Ja-Sager verwendet so selten das Wörtchen „Nein“, weil sie Angst davor hat, den Gesprächspartner zu verletzen, zu enttäuschen oder wütend zu machen. Doch üben Sie dann in der Praxis, eine Anfrage abzulehnen, stellen sie oftmals überrascht fest, dass die Reaktionen bei weitem nicht so negativ sind wie erwartet.
Es ist wichtig, dass Sie sich von dem Gedanken befreien, nein zu sagen wäre etwas Schlimmes. Es ist okay – Punkt. Niemand wir Ihnen den Kopf abreißen, in Tränen ausbrechen oder nie wieder ein Wort mit Ihnen sprechen, wenn Sie nicht ständig „ja“ sagen.
Ganz im Gegenteil – mitunter werden Sie auch Reaktionen wie Anerkennung, Respekt und Verständnis erreichen.
Frau Meyer ist ganz sicher kein Einzelfall. So wie Sie hätten sich auch viele andere Menschen verhalten. Doch auch wenn ein „Ja“ für den Moment die einfachere Lösung ist, bedeutet es nicht automatisch, dass es das auch auf lange Sicht ist.
Nicht selten – gerade dann, wenn es um Ihre eigenen Bedürfnisse und Ihre Gesundheit geht – ist ein „Nein“ die deutlich bessere Wahl. Vergleichen Sie es mit dem Abziehen eines Pflasters – es tut nur ganz kurz weh, doch danach ist alles wieder gut.