1. Was genau bedeutet Job-Sharing?
Der wesentliche Kern des Job-Sharing besteht darin, dass ein Vollzeitarbeitsplatz von zwei Personen übernommen wird, der darüber hinaus eine arbeitszeitliche Selbstbestimmung und eine Arbeitszeitabstimmung mit dem Partner bietet. Job-Sharing ist also nicht zu verwechseln mit Job-Splitting, bei dem einfach eine Vollzeitstelle in zwei Teilzeitstellen geteilt wird.
Daneben gibt es noch weitere, kleine aber feine Abstufungen innerhalb des Job-Sharing: „Split-level-Sharing“ z.B. bedeutet die Aufteilung von Arbeitsplätzen nach inhaltlichen Aspekten. Die Zeitaufteilung wird entweder von den beteiligten Personen oder vom Arbeitgeber bestimmt. Und wenn man von „Top-Sharing“ spricht, dann geht es um das Job-Sharing auf Führungsebene.
2. Wie unterscheidet sich Job-Sharing von der klassischen Teilzeitarbeit?
Job-Sharing ist keine klassische Teilzeitarbeit; es ist eine Teilzeitarbeit in verantwortungsvollen Positionen. Denn mit der Aufteilung sind auch Führungspositionen, die eine Vollzeitstelle erfordern, mit reduzierter Arbeitszeit möglich. Das Wichtigste bei diesem Modell ist, dass ein Job-Partner vorhanden ist, mit dem man gemeinsam ein Aufgabengebiet bearbeitet.
3. Ist Job-Sharing geeignet für Mütter?
Gerade für Mütter bietet diese Arbeitszeitform des Job-Sharing attraktive Chancen. Ein Job-Team hat den Vorteil, dass man Arbeitszeit und -dauer besser einteilen kann, vorausgesetzt dass sich die Job-Partner gut verstehen und in der Lage sind, sich gut zu koordinieren. Denn Organisationstalent ist vonnöten, wenn es darum geht, die Arbeitszeitaufteilung zwischen dem Job-Partner und den Restriktionen der Kita-Öffnungszeiten etc. zu terminieren.
Idealerweise sollte der Arbeitgeber bei der Schaffung von Job-Sharing-Plätzen für Mütter daher ihre besondere Situation berücksichtigen. Für Mütter ist eine längere Anwesenheit im Betrieb, die über ihre vereinbarte Arbeitszeit hinausgeht oftmals schwer zu organisieren. Arbeitgeber sollten Müttern – vor allem mit kleinen Kindern – auch die Möglichkeit eines Homeoffice ermöglichen. Denn für das Unternehmen bietet Job-Sharing tatsächlich große Vorteile. Auf diesem Weg bekommt man Wissen, Erfahrungen und Know-how von zwei qualifizierten Frauen.
4. Welche Vor- bzw. Nachteile sehen Sie bei einer Job-Sharing-Position im Vergleich zu einer Teilzeitstelle?
Vorteile Arbeitnehmer
- Die gemeinsame Verantwortung für ein Aufgabengebiet bei reduzierter Stundenzahl
- Man kann von den jeweiligen Potenzialen des anderen profitieren und so die Aufgaben gemeinsam vermutlich besser erfüllen.
- Entlastung bei schwierigen Aufgabenstellungen, weil man auf erweiterte Kompetenzen und Sichtweisen zugreifen kann.
- Für viele Frauen – gerade für Mütter – ist es eine gut und vor allem aussichtsreiche Möglichkeit nach der Familienpause wieder ins Berufsleben zu starten. Aussichtsreich deshalb, weil auch immer mehr Führungspositionen (Top-Sharing) partnerschaftlich besetzt werden.
- Qualifizierte Job-Sharing-Arbeitsplätze werden insbesondere für Frauen (Mütter) mit guter Qualifizierung zu attraktiven Arbeitsplätzen.
Nachteil Arbeitnehmer
- Vertretungsregelung: Einer der Partner fällt wegen Krankheit länger aus. Laut Teilzeit- und Befristungsgesetz sind die Job-Sharer zur Vertretung verpflichtet wenn sie der Vertretung im Einzelfall zugestimmt haben. Fehlt eine entsprechende Klausel im Arbeitsvertrag, müssen die Job-Sharer das nicht machen. Es sei denn, der Chef kann Überstunden anordnen.
- Für den einen oder anderen Job-Sharer könnte es eine Belastung darstellen, wenn er plötzlich bei Ausfall eines Partners unerwartet einspringen muss.
- An einem Tag in der Woche müssen beide Job-Partner gemeinsam im Büro sein, um ihre Aufgaben zu koordinieren. Doch mit einem gemeinsamen Tag in der Woche ist es in der Regel nicht getan. Damit nichts liegen bleibt, was der andere in die Wege geleitet hat, müssen Tandemchefs jeweils auch in ihrer Freizeit bereit sein, sich bei Bedarf auszutauschen (Telefonate und E-Mail).
- Planungs- und Organisationstalent beider Partner.
- Die Partner müssen sich gut verstehen und reibungslos zusammenarbeiten.
5. Wie findet man eine Job-Sharing-Position?
Das Arbeiten im Job-Sharing-System beruht auf einer Job-Partnerschaft. Sie brauchen ein Pendant, mit dem sie Ihren Arbeitsplatz teilen möchten. Erfolgreiches Job-Sharing steht und fällt mit den Partnern. Deshalb muss die Chemie zwischen den beiden stimmen. Das ist das A und O.
Zurzeit sind Job-Sharing-Stellen noch selten ausgeschrieben. Wer in einem Job-Sharing-System arbeiten möchte, muss Eigeninitiative entwickeln. Um den Chef bzw. das Unternehmen (Personalabteilung) überzeugen zu können, benötigen Job-Sharing-Interessierte sowohl den passenden Job-Partner als auch ein durchdachtes Job-Sharing-Konzept. Hier ein paar Empfehlungen, wie Sie Ihrem Ziel näher kommen:
Wie und wo Sie einen Job-Sharing Partner finden können:
- Falls Sie Ihre eigene Stelle teilen möchte, überlegen Sie, welche Personen in Ihrer Abteilung bzw. in Ihrem Unternehmen als Partner in Frage kommen könnten.
- Sollten Sie keinen passenden Partner finden, können Sie ein Suchinserat in den regionalen Zeitungen aufgeben oder Sie wenden sich an eine Personalagentur, die Job-Sharing-Partner vermittelt. Einige Agenturen bieten ein spezielles Matching für die Suche eines Job-Sharing-Partners an.
Wie Sie herausfinden, ob der potenzielle Job-Sharing Kandidat zu Ihnen passt:
Das erste Treffen mit dem möglichen Job-Partner: Bereiten Sie sich auf das Gespräch intensiv vor und überlegen Sie, welche Fragen geklärt werden sollten. Sie sollten genau wissen, welche Erwartungen und Ziele Sie an das Arbeiten im Job-Sharing-System stellen.
Zu klärende Fragen könnten sein (Beispiele):
- Wie sehen Ihre beiden Qualifikationen und Berufserfahrungen für diese Position aus? Weisen Sie Ähnlichkeiten auf? Oder verfügen Sie bzw. der andere Partner über verschiedene Fähigkeiten, die für das Job-Sharing sogar zum Vorteil sein könnten?
- Besprechen Sie Ihre Karriereziele: Wo möchten Sie beruflich in 5 oder 10 Jahren sein? Möchten Sie die Karriereleiter emporsteigen oder sind Sie zufrieden mit Ihrer aktuellen beruflichen Position?
- Wie sieht Ihre Arbeitszeitgestaltung aus?
- Wie sieht es mit der gemeinsamen Vertretung bei Krankheit, Urlaub, etc. aus?
Die Erfahrung zeigt, dass 2 bis 3 Treffen erforderlich sind, um sich ein einigermaßen vollständiges Bild des potenziellen Partners machen zu können. Generell gilt: Die Chemie muss stimmen. Die Wahl des richtigen Partners prägt die Zusammenarbeit und ist ein wesentlicher Erfolgsfaktor des Job-Sharing.
Wie Sie den Chef bzw. das Unternehmen von der Idee überzeugen:
Clevere Job-Sharing-Teams überzeugen Chefs, indem sie ein eigenes Job-Sharing-Konzept entwickeln und eine Präsentation daraus machen, die professionell, lösungsorientiert und argumentationsstark sein muss. Bedenken Sie: Sie verkaufen eine Idee, einen Antrag für die Umwandlung der Vollzeitposition in ein Job-Sharing. Dies gilt sowohl für den Beschäftigten, der seinen Vollzeitarbeitsplatz teilen möchte als auch für Bewerber, die sich als Job-Partner auf eine Vollzeitposition bewerben.
6. Welche Bewerbungsstrategie empfehlen Sie, um an eine Job-Sharing Position zu gelangen? Gibt es bestimmte Unternehmen oder Branchen, die diesem Thema gegenüber aufgeschlossener sind?
Grundsätzlich ist Job-Sharing in nahezu allen Branchen und Arbeitsbereichen möglich. Ein großer Einfluss geht vom Unternehmen selbst aus, d.h. es hängt von der Unternehmensphilosophie und von dem guten Willen der Vorgesetzten ab, ob Job-Sharing angeboten und mit Erfolg praktiziert wird.
Es gibt mehrere Möglichkeiten, eine Job-Sharing-Position zu erhalten. Folgende Varianten sind denkbar:
- Sie teilen intern Ihre Stelle mit einem Kollegen, den Sie bereits kennen.
- Sie suchen für Ihre Stelle einen neuen Kollegen außerhalb Ihres Unternehmens.
- Sie bewerben sich gemeinsam mit einem Job-Partner auf eine ausgeschriebene Vollzeitposition. Nach meinen Erfahrungen führte diese Bewerbungsstrategie schon bei einigen meiner Kundinnen zum Erfolg.
Um die Chance für Ihren Wunsch nach einem Job-Sharing zu erhöhen, sollten Sie sich gleich im Doppelpack bewerben.
7. Wie sollte die Bewerbung aussehen?
Erstellen Sie ein Job-Sharing Konzept. Mit diesem können Sie Ihren (Wunsch-)Arbeitgeber von den Vorteilen des Job-Sharings und speziell den Stärken Ihres „Tandems“ überzeugen. Sie sollten mit Ihrem Job-Partner ein eigenes Konzept entwickeln und eine Präsentation für das Unternehmen daraus machen, die professionell, lösungsorientiert und argumentationsstark sein muss.
Dieses Konzept entwickeln Sie in Zusammenarbeit mit Ihrem Job-Partner. Folgende Punkte sollten auf alle Fälle enthalten sein:
- Wie sehen Ihre beiden Qualifikationen und Berufserfahrungen aus? Weisen sie Ähnlichkeiten auf? Oder verfügen Sie über verschiedene Fähigkeiten, die für das Job-Sharing sogar zum Vorteil sind?
- Welches sind Ihre Stärken, welches die Ihres Job-Partners?
- Wie können Sie Ihre Aufgaben und Funktionen mit Ihrem Job-Partner teilen?
- Wie sieht Ihre Arbeitszeitgestaltung? Eine gemeinsame Überlappungszeit ist einzuplanen.
- Wie findet Ihre Kommunikation statt, um „up to date“ mit dem Job-Partner zu sein? Welche Medien wollen Sie nutzen? Welche (technischen) Voraussetzungen benötigen Sie?
- Wie sieht es mit der gemeinsamen Vertretung bei Krankheit, Urlaub, etc. aus?
- Erstellen Sie Pro-Argumente für das Job-Sharing aus Arbeitgebersicht!
- Befassen Sie sich mit möglichen Einwänden von Vorgesetzen oder des Personalmanagements und bieten der Unternehmung Lösungsvorschläge an, die Sie partnerschaftlich bereits erarbeiten haben.
Hier sind nur die wichtigsten Punkte aufgeführt. Jedes Job-Sharing-Konzept muss individuell – insbesondere auch für Mütter – von den Job-Partnern entwickelt werden. Es hängt zum einem vom Anforderungsprofil der Stelle und der Unternehmensphilosophie ab und zum anderen vom Job-Sharing-Team ab. Sollten Sie Schwierigkeiten bei der Erstellung Ihres Job-Sharing-Konzeptes haben, sollten Sie sich professionelle Unterstützung holen.
Fazit:
Die Job-Sharing-Angebote werden steigen, weil es eine Win-Win-Situation für Arbeitgeber und Arbeitnehmer ist. Auf diesem Weg bekommt man Wissen, Erfahrungen und Know-How von zwei qualifizierten Personen. Jeweils zwei Köpfe denken mit, Impulse aus zwei verschiedenen Lebenswelten kommen zusammen. Erfahrungsschätze aus zwei Leben sind zu haben. Außerdem sind gute Job-Sharing-Teams oft sehr produktiv. Der demographische Wandel lässt qualifizierte Fach- und Führungskräfte knapper werden, so dass Bewerber oder Beschäftigte ihren Anspruch auf Teilzeit bzw. Job-Sharing besser durchsetzen können, wenn Arbeitgeber sie anwerben und langfristig halten wollen. Die gesetzlichen Grundlagen regelt das Teilzeit- und Befristungsgesetz unter Paragraph 13: “Arbeitgeber und Arbeitnehmer können vereinbaren, dass mehrere Arbeitnehmer sich die Arbeitszeit an einem Arbeitsplatz teilen.” Einen Rechtsanspruch auf Jobsharing gibt es jedoch nicht.