Zum Vergleich: Im Wintersemester 2010/2011 lag die Zahl der StudienanfĂ€nger bei ânurâ 543.000 Studenten. Mit den doppelten AbiturjahrgĂ€ngen ab 2011 hat sich die Zahl der Neueinschreibungen an deutschen Hochschulen drastisch erhöht. Eine Entwicklung, die fĂŒr Abiturienten zum Problem wird. Viele StudiengĂ€nge in Deutschland unterliegen entweder einer bundesweiten  oder hochschulindividuellen ZulassungsbeschrĂ€nkung. Und selbst wenn ein Numerus clausus kein Hindernis darstellt – viele HörsĂ€le platzen aus allen NĂ€hten. Hinzu kommt, dass steigende Zahlen bei den StudienanfĂ€ngern eine praxisorientierte Lehre schwieriger machen. Die PlĂ€tze in Seminaren und Ăbungen sind mitunter so schnell besetzt, dass Wartezeiten in Kauf genommen werden mĂŒssen, was teilweise sogar die Teilnahme an PrĂŒfungen negativ beeinflusst.
Letzten Endes leidet unter dieser Entwicklung die QualitĂ€t der Lehre. Erschwert wird die Situation zudem durch sinkende ZuschĂŒsse fĂŒr Hochschulen, was UniversitĂ€ten unter anderem durch eine verstĂ€rkte Nutzung von Drittmitteln und beispielsweise höhere SemesterbeitrĂ€ge zu kompensieren versuchen. Welche Möglichkeiten haben Studierende heute, um dieser Entwicklung aus dem Weg zu gehen? Wer in Deutschland studieren will, kann auf private Hochschulen zurĂŒckgreifen. Allerdings ist hierfĂŒr in der Regel ein gut gefĂŒlltes Bankkonto Voraussetzung. Jedes Jahr kommen StudienanfĂ€nger aus Deutschland aber noch auf eine ganz andere Idee – sie studieren im benachbarten Ausland
Echte Alternative oder Rettungsanker – das Studium im Ausland
Ein bis zwei Auslandssemester gehören in den Augen vieler Akademiker inzwischen zum guten Ton. Aber gleich das ganze Studium im Ausland absolvieren? Diese Herausforderung traut sich noch eher eine Minderheit zu. Dennoch steigt die Zahl deutscher Studenten im Ausland seit Jahren deutlich. Allein in Ăsterreich studierten laut Statistischem Bundesamt im Jahr 2010 mehr als 27.300 Deutsche. Zehn Jahre frĂŒher waren es gerade einmal knapp 5.900. Und 28 Prozent der in Ăsterreich eingeschriebenen Studenten aus Deutschland waren StudienanfĂ€nger.
Studienland |
Deutsche Studenten insgesamt |
StudienanfÀnger |
Anteil der StudienanfÀnger (in %) |
Ăsterreich |
27.350 |
7.703 |
28,16 |
Niederlande |
23.831 |
7.487 |
31,42 |
Schweiz |
13.436 |
4.553 |
33,89 |
GroĂbritannien |
14.950 |
2.920 |
19,53 |
Schweden |
4.000 |
2.775 |
69,38 |
Frankreich |
6.252 |
1.732 |
27,70 |
Anteil der StudienanfĂ€nger aus Deutschland in benachbarten EU-LĂ€ndern nach Studienland fĂŒr das Jahr 2010 (Quelle: Statistisches Bundesamt: Deutsche Studierende im Ausland – Statistischer Ăberblick 2000 â 2010)
GrĂŒnde fĂŒr das Studium im Ausland gibt es viele. Ein Teil der StudienanfĂ€nger sucht die Herausforderung und neue Erfahrungen, fĂŒr andere angehende Akademiker ist das Studium an einer bestimmten Hochschule â wie beispielsweise die Einschreibung an der ETH ZĂŒrich, der UTC CompiĂšgne oder der University of Cambridge â ein Entscheidungsgrund gewesen. Und wieder andere StudienanfĂ€nger wollen einfach den BeschrĂ€nkungen des deutschen Hochschulsystems entfliehen. Wo schreiben sich aber die meisten Studenten aus Deutschland ein? Wie das Statistische Bundesamt ermittelt hat, sind es vor allem unsere nĂ€chsten Nachbarn, fĂŒr die sich angehende Akademiker entscheiden. Dass Ăsterreich und die Schweiz unter den Top 6 zu finden sind, dĂŒrfte der niedrigen Sprachbarriere geschuldet sein. Zumal die Schweiz hervorragende Studienbedingungen im Zusammenhang mit der Ausstattung und dem Aufbau des Studiums zu bieten hat.
Ein weiterer Entscheidungsgrund kann in der Fachrichtung selbst liegen. AuslĂ€ndische Hochschulen bieten StudienfĂ€cher an, die man in Deutschland vergeblich sucht. DarĂŒber hinaus schĂ€tzen einige Studenten die Arbeit in kleinen Gruppen und Kursen oder den familiĂ€ren Umgang miteinander â wie dies beispielsweise in den Niederlanden der Fall ist. Egal, was letztlich den Ausschlag gegeben hat â um die Bewerbung fĂŒr einen Studienplatz kommen auch Studenten aus Deutschland nicht herum. DiesbezĂŒglich ist das Bild recht heterogen. In Ăsterreich werden StudienplĂ€tze in einigen FĂ€chern nur nach einem Eignungstest vergeben, in der Schweiz kann dagegen die Abiturnote oder das Ergebnis eines Eingangstests den Ausschlag geben. Und in Frankreich mĂŒssen die sprachlichen FĂ€higkeiten nachgewiesen werden.
Tipp: Wer im Ausland studieren will, muss sich auf viele Unterschiede gefasst machen â auch in der Lehre selbst. In einigen LĂ€ndern ist das Studium nach wie vor in ein eher verschultes System mit vielen PrĂŒfungen eingebettet â was nicht jedem Studenten liegt. Und auch der Aufbau des Studiums in Winter- und Sommersemester hat sich nicht ĂŒberall durchgesetzt. Es ist durchaus kein Fehler, diese Aspekte vor der Bewerbung um einen Studienplatz im Auge zu behalten.
StudiengebĂŒhren: Wo wirdÂŽs richtig teuer?
Das Thema StudiengebĂŒhren ist in Deutschland nach wie vor ein heiĂes Eisen. Obwohl vor wenigen Jahren in einigen BundeslĂ€ndern eingefĂŒhrt, haben sich viele BundeslĂ€nder inzwischen wieder von dieser Einnahmequelle verabschiedet. Wer als StudienanfĂ€nger aus Deutschland im Ausland studieren will, muss sich im Klaren darĂŒber sein, dass StudiengebĂŒhren anderswo lĂ€ngst nicht so umstritten sind wie zwischen Rhein und Oder. Ein Beispiel ist GroĂbritannien. Obwohl das Vereinigte Königreich zu den Top 5 der EU-LĂ€nder gehört, in die es deutsche StudienanfĂ€nger zieht, wird das Studium hier richtig teuer. Denn in GroĂbritannien werden pro Studienjahr bis zu 9.000 britische Pfund â oder knapp 10.500 Euro â fĂ€llig.
Tipp: Wer unbedingt im Vereinigten Königreich studieren will, sollte sich genau informieren. Denn Schottland, Wales und Nordirland haben teils deutlich angenehmere Regelungen in Bezug auf die StudiengebĂŒhren geschaffen. Beispielsweise ist ein Bachelor in Schottland fĂŒr BĂŒrger aus EU-LĂ€ndern kostenlos.
Aber auch in den NachbarlĂ€ndern der Bundesrepublik mĂŒssen deutsche Studenten mit StudiengebĂŒhren rechnen. Beispielsweise entscheiden in der Schweiz die einzelnen Kantone ĂŒber deren Höhe. Die Folge: Wer in der Schweiz studieren will, muss in ZĂŒrich oder an der ETH Lausanne nur einen niedrigen vierstelligen Betrag (in Franken) einplanen. Das Studium in Lugano oder St. Gallen wird dagegen deutlich teurer. Und wie sieht die Situation in den Niederlanden aus? SchlieĂlich haben sich 2010 knapp 7.500 StudienanfĂ€nger aus Deutschland fĂŒr niederlĂ€ndische Hochschulen entschieden. GrundsĂ€tzlich gelten in den Niederlanden gesetzliche StudiengebĂŒhren, deren Höhe immer wieder neu festgelegt wird. FĂŒr das Studienjahr 2013/2014 kostet ein Vollzeitstudium 1.835 Euro. Allerdings kann es bedeutet teurer werden â durch das Instellingscollegegeld. Dessen Höhe legen die einzelnen Hochschulen fest. Wer Instellingscollegegeld zahlen muss, sollte ein gut gefĂŒlltes Bankkonto mitbringen, denn die Höhe schwankt zwischen einem mittleren vierstelligen bis niedrigen fĂŒnfstelligen Eurobetrag. Deutlich gĂŒnstiger wird das Studium dagegen in Ăsterreich, wo viele StudiengĂ€nge kostenfrei sind. Studenten, die in Frankreich studieren wollen, zahlen keine Studien-, sondern ImmatrikulationsgebĂŒhren in Höhe von mehreren hundert Euro â sofern es sich um keine private Hochschule handelt.
Die StudiengebĂŒhren sind natĂŒrlich nur eine Seite der Medaille. Weitere Kosten fallen fĂŒr Unterkunft und Verpflegung, Studienmaterialien, die Freizeitgestaltung und die Nutzung von Verkehrsmitteln an. In welcher Höhe die Ausgaben zur tĂ€glichen Lebenshaltung das Budget belasten, lĂ€sst sich in der Regel nur fĂŒr den Einzelfall beurteilen, da je nach Land und Hochschulstandort (Metropolen wie Paris oder Kopenhagen sind meistens teurer) die Kosten betrĂ€chtlich variieren können. GrundsĂ€tzlich ist ein zu Deutschland vergleichbares Budget fĂŒr den Alltag aber durchaus eine angemessene Kalkulationsbasis.
Studienkredit und BAföG â das Auslandsstudium finanzieren
Angesichts der Kosten, die das Auslandsstudium mit sich bringen kann, drĂ€ngt sich die Frage nach dessen Finanzierung schon fast zwangslĂ€ufig in den Vordergrund. FĂŒr Studenten aus Deutschland bieten sich in diesem Zusammenhang mehrere Wege an. Immer wieder in Anspruch genommen wird das sogenannte Auslands-BAföG. Denn nach § 5 BAföG gilt nicht nur die Ausbildung in Deutschland als förderfĂ€hig, sondern auch ein Studium in EU-Mitgliedsstaaten bzw. der Schweiz. Ein weiterer Pluspunkt beim Auslands-BAföG sind ZuschlĂ€ge, die beispielsweise fĂŒr StudiengebĂŒhren (bis 4.600 Euro fĂŒr maximal ein Jahr) oder Reisekosten gezahlt werden. Trotzdem ist nicht sicher, dass das BAföG die Finanzierung allein trĂ€gt â zumal nicht jeder Student die Förderrichtlinien erfĂŒllt.
Es kann sich daher die Suche nach weiteren Alternativen rechnen. Beispielsweise können Stipendien als Finanzierungshilfe in Frage kommen. Allerdings ist die Liste möglicher Förderungen hier im Vergleich zum Auslandssemester deutlich kĂŒrzer, da einige Stipendienprogramme nur Aufenthalte von ein bis zwei Semestern unterstĂŒtzen. Interessenten sollten den DAAD als eine der ersten Anlaufstellen fĂŒr die Suche nach passenden Programmen im Hinterkopf behalten.
Ebenfalls als Studienfinanzierung denkbar wĂ€re der Griff zum Studienkredit. An dieser Stelle muss aber klar sein, dass der Kredit nicht nur zu tilgen ist, sondern auch Zinsen anfallen. Ein weiteres Problem in diesem Zusammenhang betrifft die Frage, ob Banken den Studienkredit ĂŒberhaupt fĂŒr das Auslandsstudium ausreichen. In einigen FĂ€llen wird dieser Punkt beim Studienkredit zum K.O.-Kriterium â wenn die Einschreibung an deutschen Hochschulen Bedingung ist.
Tipp: In den letzten Jahren haben sich Bildungsfonds als Alternative zum Studienkredit etabliert. Da verschiedene Anbieter neben dem Studium im Inland auch die Ausbildung an auslĂ€ndischen Hochschulen unterstĂŒtzen und Mittel fĂŒr die StudiengebĂŒhren bereitstellen, kann sich ein Blick auf diese Option rechnen.
Wer Studienkredit oder Bildungsfonds zur Finanzierung seines Auslandsstudiums ins Auge fasst, muss sich im Klaren darĂŒber sein, was er unterschreibt. Die RĂŒckzahlungskonditionen sind genauso wichtig wie der Zinssatz und die Frage, ob die gewĂ€hlte Finanzierung den Bedarf tatsĂ€chlich deckt. Zwar bieten einige NachbarlĂ€nder â wie zum Beispiel Frankreich – Fördermöglichkeiten fĂŒr Studenten aus Deutschland an. Allerdings sind diese finanziellen Hilfen keine Regel, sondern eher eine Ausnahme. Und auch das Arbeiten neben dem Studium ist fĂŒr StudienanfĂ€nger nicht ĂŒberall eine sichere Bank, es kommt hier letztlich auf die nationalen Regelungen an â welche in manchen FĂ€llen recht streng sind.
Studieren im Ausland â Chance oder Risiko
Eine umfassende und qualitativ hochwertige Ausbildung rechnet sich. Eine Erkenntnis, die sich bei vielen angehenden Akademikern durchsetzt und die deshalb auch im Ausland nach Studienmöglichkeiten suchen. Zumal sich hier nicht nur fachlich ein Vorsprung erreichen lĂ€sst. Wer im Ausland studiert, wird fĂŒr Arbeitgeber im In- und Ausland interessant, und kann hĂ€ufig auch auf bessere Studienbedingungen hoffen. Allerdings ist bis hierhin ein weiter Weg zurĂŒckzulegen, der gerade finanziell zur Herausforderung wird. StudiengebĂŒhren in mitunter vierstelliger Höhe wirken schnell abschreckend. Trotz dieser HĂŒrde lĂ€sst sich auch das Studium im benachbarten Ausland finanzieren â dank Auslands-BAföG, Stipendium, Bildungsfonds oder Studienkredit. Am Ende winkt die Gewissheit, eine solide akademische Ausbildung genossen und etwas Besonderes erreicht zu haben.