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Sie gilt einerseits als das Nonplusultra unter Kollegen und wird andererseits immer häufiger auf den Prüfstand gestellt. Teamarbeit spaltet längst die Gemüter der Arbeitswelt – nicht zuletzt, weil Studien eindeutig belegen, dass sie bei weitem nicht so gut ist wie ihr Ruf. Doch woran liegt das? Und was muss getan werden, damit Teamarbeit die Erfolge mit sich bringt, die von ihr erwartet werden?
Der Ringelmann-Effekt und seine Bedeutung für die moderne Arbeitswelt
Es war ein gewisser Max Ringelmann, der im 19. Jahrhundert das menschliche Zusammenwirken in Gruppen untersuchte. Für sein Experiment benötigte er nicht mehr als ein Seil, 14 freiwillige Probanden und eine große Wiese.
Die klassische Tauziehen-Szenerie führte dem französischen Agrarwissenschaftler schon nach kurzer Zeit eines deutlich vor Augen: Einzelne Personen ruhen sich in der Masse gern aus. Wer in der Gruppe untertauchen kann, setzt nur selten 100 Prozent seines Leistungspotentials ein, sondern lässt sich lieber von den anderen Gruppenmitgliedern tragen. Diese (ebenso einfache wie bahnbrechende) Erkenntnis wird heute als Ringelmann-Effekt bezeichnet – und kann in nahezu jedem deutschen Büro beobachtet werden.
Die Wahrheit ist mit hoher Wahrscheinlichkeit: Wir alle waren schon einmal diese eine Person, die sich auf den Leistungen der anderen ausgeruht hat und in der Masse der Gruppe abgetaucht ist. Klingt verlockend bequem, ist aber einer der wichtigsten Gründe, warum Teamwork so häufig in Unternehmen scheitert.
Oder, um das Problem noch konkreter zu benennen: Die Arbeit in Gruppen fördert maßgeblich die Faulheit des Einzelnen.
Gerade dann, wenn sehr viele Kollegen an einer bestimmten Aufgabe oder an einem Projekt arbeiten, ist es wahrscheinlich, dass es mindestens (!) eine Person gibt, die sich entspannt abduckt und erst wieder auftaucht, wenn es gilt, Erfolge zu feiern. Effiziente Teamarbeit sieht anders aus.
Nicht jeder Mitarbeiter ist ein Teamplayer
Ein weiterer Umstand, der die Teamarbeit in Unternehmen immer wieder gefährdet: Nicht jeder Mitarbeiter ist von vornherein ein Teamplayer. In einer Zeit, in der Individualisten und Querdenker den Arbeitsmarkt überfluten und klassische Hierarchiegefüge kontinuierlich abgebaut werden, ist es keine Seltenheit, dass manche Kollegen ganz bewusst gegen den Strom schwimmen und sich nicht als Teil des klassischen Systems betrachten.
Lese-Tipp: Wenn Sie selbst zu diesen Mitarbeitern gehören und gern etwas an Ihrem Status als einsamer Wolf ändern wollen, dann empfehlen wir Ihnen unseren Beitrag „So werden Sie vom Einzelkämpfer zum Teamplayer“.
Die falsche Zusammensetzung der Teams
Teamarbeit funktioniert dann am besten, wenn alle an einem Strang ziehen und der gleichen Grundauffassung sind? Völlig falsch! Ein nicht zu unterschätzender Grund für das Scheitern von Teamarbeit ist die falsche Zusammensetzung der Gruppen.
Der Mensch ist von Natur aus ein harmoniebedürftiges Wesen und neigt ganz automatisch dazu, sich mit gleichdenkenden Vertretern seiner Spezies zusammenzutun. Dieser Vorgang ist auch bei der Bildung von Arbeitsgruppen eindrucksvoll zu beobachten.
In der Theorie vielleicht ein guter Ansatz. Doch spätestens in der Praxis zeigt sich dann, wie wichtig unterschiedliche Charaktere in Gruppen sind. Wenn alle Aussagen, Vorschläge und Ideen nur wohlwollend und mit einem sympathisierenden Lächeln abgenickt werden, dann ist der abschließende Konsens nicht das Ergebnis harter Denkarbeit, sondern schlichtweg die einzige Option.
Teams brauchen Querdenker, Kritiker, Anführer, Moderatoren und andere Akteure, die zwar nicht immer einer Meinung sind und sich vermutlich auch mal streiten, aber gerade deswegen den kreativen Schaffensprozess maßgeblich vorantreiben.
Anders formuliert: Homogene, stark harmonisierende Gruppen kommen zwar häufig zu einem schnellen Ergebnis, doch dieses ist oftmals nicht ausreichend reflektiert und kritisiert worden. Heterogene Teams hingegen brauchen in der Regel länger, bis sie ein Resultat präsentieren können. Doch dieses ist in den meisten Fällen schlichtweg ausgereifter und überzeugender.
Gut zu wissen: Dieser positive „Streit-Effekt“ stellt sich nur dann ein, wenn Konflikte auf einer fachlichen Ebene ausgetragen werden. Sobald ein persönliches/privates Niveau erreicht wird, sind Auseinandersetzungen unter Kollegen alles andere förderlich für die Teamarbeit.
Praxis-Tipp: Ernennen Sie einen „Advocatus diaboli“Streitkultur schön und gut – aber in Ihrem Team verstehen sich nun einmal alle Mitglieder blendend? Dann ernennen Sie doch beim nächsten Mal einfach einen „Advocatus diaboli“ („Anwalt des Teufels“), der jede Aussage seiner Kollegen kritisiert und hinterfragt. Auf diese Weise wird die Diskussion ganz automatisch angeregt. |
Hohe Intelligenz ist kein Garant für erfolgreiche Teamarbeit
Wie wichtig Diversität in Gruppen tatsächlich ist, unterstreicht auch eine Studie aus den USA. Ein Forscherteam um den Psychologen Christopher Chabris fand heraus, dass Teams mit einem hohem Intelligenzquotienten nicht automatisch bessere Ergebnisse abliefern als Gruppen mit einem niedrigeren Gesamt-IQ.
Das Ergebnis: Die vermeintlich „schlaueren“ Gruppen haben keinesfalls besser als die anderen abgeschnitten. Intelligenz ist demnach kein Garant für erfolgreiche Teamarbeit.
Viel wichtiger aus Sicht der Forscher: Empathie, also die Fähigkeit, sich in andere Personen hineinzuversetzen und deren Gefühlswelt zu ergründen. Diese ist eine wichtige Voraussetzung dafür, Aufgaben gerecht und passend unter den Gruppenmitgliedern aufzuteilen – und damit ein wichtiger Grundstein erfolgreicher Teamarbeit.
Die Macht der Gewohnheit
„Never change a winning team“ – Dieser berühmte Satz stammt von der englischen Fußball-Ikone Sir Alf Ramsey und enthält sicherlich viel Wahres. Doch im Hinblick auf die Arbeitswelt lässt sich sagen: Gewohnheit ist pures Gift für Gruppenarbeit.
Wer immer mit den gleichen Kollegen im Team arbeitet, hat diese irgendwann durchschaut und weiß genau, wie sie denken und handeln. An sich natürlich kein Problem (gerade wenn es um die Umsetzung einer Aufgabe geht). Doch im Prozess der kreativen Ideenfindung ist es von großer Wichtigkeit, immer wieder mit anderen Kollegen zu arbeiten und somit stetig neue Impulse zu erhalten.
Wechseln Sie also auch ein „winning team“ hin und wieder aus.
Fazit: Teamarbeit kann funktionieren – muss aber nicht
Die Arbeit im Team ist keine Garantie für exzellente Ergebnisse und schnelle Fortschritte. Wenn Sie wollen, dass Teamwork funktioniert, müssen Sie vor allem auf diese Dinge achten:
- Stellen Sie für Kreativprozesse möglichst heterogene Teams zusammen, die eine hohe Diversität aufweisen
- Achten Sie darauf, dass sich Einzelne nicht auf den Beiträgen anderer ausruhen
- Fördern Sie eine gesunde Streitkultur auf fachlicher Ebene
- Suchen Sie gezielt nach Teammitgliedern, die sich durch eine hohe Empathie auszeichnen
- Ändern Sie die Zusammenstellung der Teams in regelmäßigen Abständen, um Gewohnheiten zu vermeiden