Basis für organisationalen Resilienzaufbau: Aktives Gestalten von Freiräumen
Grundvoraussetzungen für den organisationalen Aufbau von Resilienz sind a) Kontroll-Spielräume und b) zeitliche Freiräume, um bewusst über Neuerungen und sinnvolle Veränderungen nachzudenken. Neben dem Tagesgeschäft muss Zeit zur Verfügung stehen, um Zusammenarbeit, Austausch und Interaktion zu ermöglichen, Veränderungen zu initiieren und umzusetzen. Es ist selten zielführend, alleine an seinem Schreibtisch zu sitzen und sich zu fragen, wie Kollegen wohl wesentliche Herausforderungen anpacken würden.
Vielmehr sollte die Möglichkeit bestehen und wahrgenommen werden, aus der Isolation herauszutreten und sprichwörtlich „über den Tellerrand des eigenen Schreibtischs“ hinauszublicken. Das aktive Gestalten von gewährten Freiräumen ist wichtig, um nicht nur die Chance auf Resilienz, Innovation und Veränderung entstehen zu lassen, sondern auch tatsächlich zu nutzen. Freie Kapazitäten sind mit qualitativen Interaktionen, der Förderung von Belastbarkeit und mit kontinuierlichen Veränderungsprojekten zu füllen.
Welche weiteren Hebel können Führungskräfte ansetzen, um die Belastbarkeit und Leistungsfähigkeit des Unternehmens zu erhöhen?
1. Resilienz orientierte Selbststeuerung
Intelligenter Umgang mit eigenen Ressourcen
Individuelle Resilienz ist eine Schlüsselkompetenz, um weise mit eigenen Ressourcen umzugehen und im Sturm der täglichen Aufgaben, trotz hoher Anforderungen, komplexer Arbeitsbedingungen und ständigen Veränderungen eine gewisse Gelassenheit an den Tag zu legen. Eine Studie der Bertelsmann-Stiftung und Denis Mourlane aus dem Jahr 2013 zeigt, dass Resilienz ein protektiver Faktor ist: Menschen mit einem hohen Resilienzfaktor berichten über weniger Burn-Out-Symptome bzw. psychosomatische Beschwerden.
Selbstreflexion und Regeneration
Dabei ist vor allem die innere Haltung eines Menschen von Bedeutung: Sie entscheidet u. a. darüber, ob eine schwierige Situation eher als Herausforderung oder als Überforderung wahrgenommen wird. Erster Schritt zur Verbesserung Ihrer individuellen Resilienz: Werden Sie sich Ihrer persönlichen Gedanken, Einstellungen, Bewertung von Situationen und Ihrer Handlungsfähigkeit bewusst! Diese Art von Achtsamkeit sich selbst gegenüber erzeugt zum einen die nötige Distanz in stressigen Situationen. Zum anderen ist Selbstreflexion der erste wichtige Schritt für Verhaltensänderungen.
Oft kommt das eigene Nachdenken im Alltag zu kurz. Die meisten Führungskräfte haben viel Zeit, Kraft und Geld in ihre Kompetenzentwicklung investiert, die strukturierte und zielgerichtete Reflexion des eigenen Verhaltens, der eigenen Haltung, der eigenen Potenziale ist ihnen hingege nicht vertraut. Zeit zur Reflexion und Regeneration, das Betrachten einer Situation mit einer gesunden Distanz, in unserer „Zeit ohne Zeit“ ist jedoch gesund.
Und das Entschleunigen – so paradox es scheinen mag – kann im richtigen Moment auch beschleunigend wirken, wenn beispielsweise hierdurch Über-Aktivismus und Übersteuerung vermieden werden.
Resilienz als Verantwortung sich selbst und dem Team gegenüber
Persönliche Resilienz der Führungskraft ist natürlich ein Gesundheits-, Zufriedenheits- und Karrierefaktor für den Manager selbst, er ist aber auch die Basis für ein belastbares Team. Zahlreiche empirische Studien zeigen, dass Vorgesetzte zentralen Einfluss auf den Erhalt und die Förderung der psychischen Gesundheit ihrer Mitarbeiter haben.
Führung wirkt als direktes Vorbild und im Kontakt mit Mitarbeitern z. B. indem Ressourcen durch Unterstützung, Wertschätzung und Sinnvermittlung gefördert oder Stressoren durch Abwertung, Distanz, Bevormundung, etc. verstärkt werden. Mittlerweile ist bekannt, dass allein das Beobachten von Menschen in Stress eine körperliche Stressantwort bei Beobachtern auslösen kann (sog. empathischer Stress). Hinzu kommt: Wenn Sie als Führungskraft gestresst, schlafgestört, verspannt sind, sind Sie mit der Aufmerksamkeit bei sich und nicht imstande, etwaige Überforderung bei Mitarbeitern zu erkennen.
Mit welchem zweiten und dritten Hebel die Leistungsfähigkeit und Belastbarkeit in Organisationen gesteigert werden können, lesen Sie im vierten Teil der Serie.