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5 Fragen an: Thilo Baum

Thilo Baum, Jahrgang 1970, ist Journalist. Bis Ende 2003 war er Schlussredakteur beim „Berliner Kurier“ und seit 2004 selbstständig. Thilo Baums Thema ist die Klarheit im Denken und Kommunizieren. Die Abfolge seiner Bücher beschreibt eine spannende Reise durch seine Gedankenwelt: Vom klaren Ausdruck („Komm zum Punkt!“) geht es zur empfängerorientierten Kommunikation („Denk mit!“), von dort zur Kritik am Bildungssystem, das Sprache nur akademisch sieht („Die Bildungslücke“), und hin zur äußerst differenzierten Darstellung dessen, was philosophisch gesehen gut und richtig ist („Das Buch der 1000 Gebote“). Thilo Baum ist stark nachgefragter Seminarleiter und Keynotespeaker und zudem Studienleiter bei der „GSA-University“ der German Speakers Association e.V. (GSA).

1. Sie sind der „Experte für Klartext“ – Was genau kann man sich darunter vorstellen?

Ich helfe Unternehmen dabei, sich klar auszudrücken. Viele Unternehmen kommunizieren unnötig kompliziert: Wenn es in einer E-Mail heißt, die Produktdokumentation unterliege einer behördlichen Überwachung, dann schlage ich die Formulierung vor, dass eine Behörde die Produktdokumentation überwacht. Das ist dasselbe und einfacher – schließlich nimmt man auch nicht die Anheiratung einer Frau vor, sondern heiratet. Und wenn ich lese: „Gemüse kann auch schmecken“, ist vermutlich gemeint: „Auch Gemüse kann schmecken.“ Klartext bedeutet, genau das zu sagen, was man sagen will, und nichts anderes. Im Grunde bringe ich das Know-how der Journalistenschulen ins Business.

2. Warum ist es so falsch, „um den heißen Brei“ herumzureden?

Falsch ist es vielleicht nicht, aber es bindet unfassbar viel Energie. Unternehmen verschwenden durch unklare Kommunikation unglaublich viel Zeit. Kürzlich ging es in einem Seminar um eine E-Mail, in der ein Ingenieur einem Mitarbeiter einer Behörde die Statik einer kompletten Brücke erklärt, bis er endlich damit herausrückt, dass er eine Behelfsbrücke vorschlägt. Das aber war der entscheidende Punkt in dem Kontext und gehört nach oben! Sehr oft müssen Leser den wesentlichen Punkt in Texten geradezu detektivisch ermitteln, ebenso wie Zuhörer von Beiträgen in Meetings. Und diese Bedeutungssuche ist eine üblere Zeitverschwendung als das Löschen von Spam. Unklare Kommunikation kostet Unternehmen richtig viel Geld.

3. Sie bieten auch Seminare und Coachings an. Worauf legen Sie dabei besonderen Wert und gibt es etwas, was Sie Unternehmen und deren Mitarbeitern besonders vermitteln möchten?

Besonderen Wert lege ich darauf, dass die Teilnehmer Rechner und Texte mitbringen, die wir im Seminar bearbeiten können. Wenn wir im Seminar die E-Mails, Präsentationen, Vermerke, Entscheidungsvorlagen, Pressemitteilungen und Facebook-Postings bearbeiten, die sowieso auf dem Schreibtisch liegen, ist das Seminar keine Extra-Zeit, sondern schmiegt sich in den Workflow ein. Wichtig zu vermitteln ist mir: Für alles, was wir sagen wollen, gibt es Worte, und zwar einfache. Und: Wer etwas zu sagen hat, braucht keine aufgeblasene Sprache.

4. Inwieweit profitieren wir davon, wenn wir unsere Botschaften auf den Punkt bringen – bringt es uns beruflich weiter?

Unbedingt. Wir leiden ja nicht unbedingt unter einem Mangel an Informationen, sondern ersticken in Informationen. Da ist es schon ein Zeichen für Qualität, keine Luftpumpe zu sein. Wenn ich die anderen auf eine gedankliche Schnitzeljagd schicke und von ihnen verlange, die Bedeutung meiner Worte irgendwie zu interpretieren, dann trage ich zum Informationsmüll bei. Wer dagegen sagt, was er meint, und meint, was er sagt, kommt verbindlich rüber und schont die Zeit der anderen. Die Dinge auf den Punkt zu bringen, ist zudem eine Selbstaussage: Wer geordnet spricht und schreibt, denkt auch geordnet. Und das ist in den heutigen Zeiten meines Erachtens selten geworden.

5. Sie sind als Autor sehr erfolgreich. Wann und wie haben Sie beschlossen, Ihre Ideen mit anderen Menschen zu teilen?

Der damalige Chefredakteur des „Berliner Kuriers“, Hans-Peter Buschheuer, hat mich 2003 gebeten, für die Redaktion zum Abschied ein kleines Kompendium zur Sprache zu schreiben. Daraus ist dann das erste Buch geworden: „30 Minuten für gutes Schreiben“ bei GABAL. Es ist, glaube ich, mittlerweile in der sechsten Auflage erschienen. Dann folgte „Komm zum Punkt!“, etwas umfangreicher. Irgendwann habe ich ein Seminar bei einer Bank gegeben, deren Vertriebstrainer die Riester-Rente nicht kurz erklären konnten, und ich habe mich gefragt, wozu wir eigentlich Rhetorik- und Vertriebsschulungen brauchen, solange Unternehmen ihre Produkte nicht aus der Perspektive der Kunden beschreiben. Also entstand das Buch „Denk mit!“. Mein Lieblingsbuch ist aber das neue: „Das Buch der 1000 Gebote“ im MIDAS-Verlag in der Schweiz.

5 Fragen an: Arno Fischbacher

Arno Fischbacher (geb. 1955) ist Stimmcoach, Rhetoriktrainer, Redner und Autor. Er ist Experte für die unbewusste Macht der Stimme in Kundenservice, Führung und Vertrieb. Zu ihm kommen Menschen, die einen Feinschliff in der Kommunikation über die üblichen Rhetorik- und Präsentationstechniken hinaus suchen. Seine Kunden sind Top-Unternehmen in Deutschland und Österreich, Führungskräfte und Medienmanager, die er für Auftritte in Besprechungen und Medien fit macht.
Arno Fischbacher ist Gründer und Vorstand von www.stimme.at, dem Europäischen Netzwerk der Stimmexperten. Der Rhetoriktrainer ist Lehrbeauftragter an der Steinbeis Universität Berlin sowie an der Uni, FH und Management School Salzburg. Er ist im Vorstand der GSA Österreich und des Austrian Voice Instituts.

1. Was ist wichtiger: Verbale oder nonverbale Kommunikation?

In der Praxis gibt es nur eine Kommunikation. Der eine sagt etwas, der andere antwortet – und schon war alles wirksam: Körpersprache, Stimme, Sprachmuster, aber auch Rollenmuster, Einstellungen, Glaubenssätze. Von Kind auf lernen wir diese Entsprechungen und Reaktionsmuster. Sie sind gut verankert, denn nur so kann alltägliche Kommunikation reibungslos verlaufen – hoch automatisiert. Die Aufmerksamkeit im Gespräch bleibt vorrangig auf den „Inhalt“ gerichtet, also auf das „Was“. Im Unbewussten läuft dagegen die „non- und paraverbale Wirkung“ ab, also Mimik, Gestik, Tonalität, Stimmklang, Sprechweise. Wer diesem Ineinandergreifen von unbewussten Wechselwirkungen nicht ausgeliefert sein will, ist gut beraten, sich ihrer bewusst zu werden.

2. Der Ton macht die Musik – Ist es wichtiger, wie wir etwas sagen oder was wir sagen?

Die Stimme ist ein Schlüsselreiz in der Kommunikation. Sie bestimmt machtvoll, aber unbewusst, wie wir von unserem Gegenüber wahrgenommen werden. Sie lässt hören, ob wir auch meinen, was wir sagen. Die Stimme steuert unbewusst den Verlauf von Gesprächen und nimmt Einfluss.

Die Gehirnforschung zeigt heute, dass das Verstehen von Sprache verhältnismäßig viel Zeit benötigt. Wenn jemand spricht, so dauert es auf der anderen Seite etwa eine Viertelsekunde, bis das Gehirn aus dem eintreffenden Stimmklang die Worte herausfiltert. Diese relativ lange Zeit wird genutzt, um die Informationen von Auge und Ohr auszuwerten. Körpersprache und der Stimmklang bestimmen also, wie die Worte zu verstehen sind.

3. Wie schaffe ich es, meine Stimme in unangenehme Situationen im Bewerbungsgespräch ruhig zu halten?

Es kann schon ganz schön stressig werden, wenn es um die eigene berufliche Zukunft geht. Man will eine gute Figur machen, sein Wissen und seine Erfahrungen herausstreichen und ganz nebenbei noch sympathisch wirken. Da wird einem schon mal trotz bester Vorbereitung mulmig in der Magengrube. Die Stimme verrät ungefiltert – wenn auch manchmal subtil alle Emotionen, und somit auch die Anspannung in heiklen Gesprächen.

Indem die Stimme ja immer das hörbare Resultat innerer Prozesse ist, macht es wenig Sinn, die Stimme ruhig zu halten und die dahinterliegenden Gefühle, Emotionen und Spannungen weiter brodeln zu lassen. Hier hilft „Sense Focusing“, die gezielte Wahrnehmung zur Selbststeuerung. Spüren Sie dazu in sich hinein: wo sind die Gefühle von Stress und Aufregung im Moment körperlich am stärksten? Legen Sie Ihre flache Hand auf diese Stelle. Niemand wird das beachten. Oft ist es der Magen, der sich spürbar zusammenzogen hat, oder der Bauch, in dem es arbeitet, vielleicht auch das Herz, das pocht. Allein durch die Berührung wird sich die Spannung langsam zu lösen beginnen. Jetzt sind Sie steuerungsfähiger und können selbstbestimmt handeln. Bringen Sie Ihre Stimme stärker in Richtung des vertrauenerweckenden Eigentons, indem Sie ein „mmhhh“ von sich geben. Es signalisiert, dass Sie zuhören und es beruhigt zugleich die Stimme, weil Sie Ihrem Körper einen Teil der Anspannung nehmen.

4. Die erste Präsentation vor dem neuen Team – Mit welchen Worten schaffe ich hier einen guten Einstieg?

Auch bei einer Präsentation ist die Stimme entscheidend – denn auch der beste Inhalt erreicht das Publikum nicht, wenn der Redner nicht überzeugend präsentieren kann. Besonders gefährlich ist ein oberflächlicher, floskelhafter Einstieg. Dieses negative Bild bleibt beim Publikum hängen und beeinflusst bis zu weitere zehn Minuten der Präsentation. Auch wenn der Redner sich fängt und besser wird – der erste Eindruck ist entscheidend und nicht wieder gut zumachen.

Gerade wenn man vor einer größeren Gruppe spricht, ist es wichtig, dass die Stimme den Raum füllt. Redner sollten es daher vermeiden, nur eine einzelne Person anzuschauen, während sie sprechen – denn damit verengen sie nur den Trichter, in dem die Stimme wirkt. Mein Tipp: Lassen Sie den Blick schweifen und nutzen Sie den 3D-Effekt Ihrer Stimme, damit sich selbst die Zuhörer in der hintersten Reihe angesprochen fühlen und Ihre Stimme jeden gleich abholt und erreicht.

Sprechpausen sind ein weiteres wichtiges Thema. Die meisten Redner sprechen nicht zu schnell, sondern pausenlos. Durch die Konfrontation mit vielen Menschen entsteht motorische Energie, der Sprechdruck steigt. Unser Organismus reagiert darauf, indem er die Impulse sendet, die Sprechgeschwindigkeit zu erhöhen. Um diese natürliche Reaktion zu umgehen, ist es für den Redner wichtig, sich bewusst Sprechpausen zu setzen – und sie aktiv zu nutzen. Je komplexer die vorgetragenen Inhalte sind, desto größer sollte die Pause sein, damit das Publikum das Gehörte besser verarbeiten kann.

Vermeiden Sie monotones Sprechen. Zuhören ist leichter und angenehmer, wenn eine Stimme in Tonhöhe und Lautstärke variiert. Fehlende Modulation und Stimmdynamik resultieren häufig aus mangelnder Gestik. Versuchen Sie daher, dem Bewegungsdrang von Schultern, Armen und Händen freien Lauf zu lassen, anstatt zu verkrampfen. So werden nicht nur Sie lockerer, auch Ihre Stimme wird es Ihnen danken.

Aber vermeiden Sie es unbedingt, auf der Bühne auf und ab zu tigern. Der Zuhörer kann sich schlecht auf die Aussagen fokussieren und die unmotivierte Bewegung sorgt für Irritation. Besser ist es, wenn Sie während Ihrer Rede mit beiden Beinen fest auf dem Boden stehen, in den Knien aber dynamisch bleiben. Damit agieren Sie im doppelten Sinne von einem festen Standpunkt aus. Ihre Stimme gibt genau diese gefestigte Position wieder und überzeugt das Publikum durch Kraft, Klarheit und Volumen. Beachten Sie also die Regel: Sprich im Stehen, denk im Gehen.

5. Offensiv oder defensiv: Welche Strategie überzeugt bei der Gehaltsverhandlung?

Das Problem bei der Gehaltsverhandlung ist, dass der andere sich immer in der stärkeren Position befindet. Daher ist die größte Gefahr bei diesem ergebnisorientierten Gespräch, dass Ihre eigene Stimme durch die Anspannung aus dem Eigenton nach oben in den Sachbereich rausrutscht. Und das kann leicht zu einer Verhärtung der Diskussion beitragen. Für sachliche Kontroversen gibt es eine Grundregel: Achten Sie auf den Schulterschluss! Vermeiden Sie, sich körperlich ganz frontal dem Gesprächspartner gegenüber zu positionieren. Drehen Sie sich etwas zur Seite und geben Sie mit Ihrer Hand dem Thema einen Ort außerhalb der Achse zwischen Ihnen und Ihrem Gesprächspartner. So entsteht ein Dreieck zwischen Ihnen auf dessen Spitze ihr gemeinsames Thema positioniert ist und Sie können beide darauf blicken. Dieser Schulterschluss führt jetzt zu einer nahbareren Stimme die wieder den Beziehungston annimmt und Sie schauen mit Ihrem Gesprächspartner gemeinsam auf das heikle Thema.