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5 Fragen an: Kirsten Biema

Kirsten Biema, Jahrgang 72, hat bereits während des Jurastudiums u.a. für amerikanische Unternehmen im Bereich der Personalentwicklung und des Personalmarketings gearbeitet. Nach dem ersten Examen kamen weitere Qualifikationen im HR, Trainings- und Beratungssegment hinzu. Seit nun mehr als 20 Jahren ist sie als Trainerin und seit 14 Jahren zudem als Beraterin und Coach mit der eigenen Unternehmensberatung coach quest & Partner erfolgreich im Einsatz.

1. Was ist Changemangement?

Grundsätzlich versteht man heute unter Veränderungsmanagement alle Aufgaben und Maßnahmen, die eine umfassende und inhaltlich weitreichende Veränderung nach sich zieht. Hierbei kann es sich um Veränderungen in Abteilungen, aber auch in gesamten Organisationen handeln. Insbesondere geht es hierbei um die Umsetzung neuer Strategien, Strukturen, Unternehmenskultur, Qualitätsprogrammen, Reorganisationen, Restrukturierungen von Unternehmen, Fusionen, Arbeitsabläufe und Verhaltensweisen. Ziel des Veränderungsmanagements ist es sich schnell dem äußeren verändernden Umfeld anzupassen. Immer häufiger finden die Ansätze des Veränderungsmanagements auch im Kleinen Anwendung. Also dann, wenn sich Menschen verändern möchten.  Gerade in den letzten zwei Jahren entdecken viele, dass es da noch mehr gibt und möchten diesen Weg professionell begleitet gehen.

2. Welche Unternehmensbereiche betrifft Changemanagement am häufigsten? 

Aus meiner Erfahrung ist Veränderungsmanagement ein Tool, welches in allen Bereichen eines Unternehmens einsetzbar ist.  Also vom Top-Level Management über Strategieabteilungen, Stabsstellen, Vertrieb, Personalentwicklung, Forschung, im Service bis hin zur Bearbeitung von Projekten. Immer häufiger werden Teilaspekte umgesetzt und ziehen oftmals einen viel größeren Wirkungskreis nach sich.

3. Wie läuft ein die Umsetzung des Veränderungsprozesses dann in der Praxis ab?

Dies kann sehr unterschiedlich sein. Wie bereits gesagt, gibt es für das Anstoßen eines Veränderungsprozesses verschiedene Motivationen aus Sicht des Unternehmens. Wenn dann der Prozess angestoßen werden soll gibt es verschiedene Phasen, die typischerweise durchlaufen werden. Diese Phasen verlaufen nicht immer chronologisch, oftmals eher logisch. Manche überschneiden oder überholen sich. Eine Transparenz der einzelnen Schritte hilft dennoch den Überblick zu bewahren. Für die Umsetzung gibt es verschiedene Modelle. Ich selber arbeite in meiner Praxis mit dem Phasenmodell nach John P. Kotter. Dieses Modell setzt an der Stelle an, wo eine Veränderungsnotwendigkeit ersichtlich ist. Die einzelnen Schritte sind nach diesem Ansatz:

  • Gefühl der Dringlichkeit vermitteln
  • Führungskoalition aufbauen
  • Vision und Strategie entwickeln
  • Vision kommunizieren
  • Hindernisse aus dem Weg räumen
  • Kurzfristige Erfolge sichtbar machen
  • Veränderung weiter antreiben, nicht nachlassen
  • Veränderungen in der (Unternehmens-)Kultur verankern

4. Welche Folgen kann dies für die Mitarbeiter eines Unternehmens haben?

Die Folgen eines Veränderungsprozesseses können für die betroffenen Mitarbeiter (engl. „Stakeholder“) sehr unterschiedlich sein. Zunächst einmal bedeutet es für viele Mitarbeiter Stress, aufgrund der Veränderungen von Abläufen. So entsteht oftmals Angst, weil vielleicht eine Transparenz nicht gegeben ist oder die Sinnhaftigkeit nicht an die Mitarbeiter transportiert wird. Es ist ein erlerntes Verhalten, dass viele Menschen auf Veränderungen mit Abwehr reagieren. Veränderungen sind für viele mit Unsicherheit über die Zukunft verbunden und können als Gefahren und Risiken wahrgenommen werden. Daher ist es wichtig in den einzelnen Phasen des Prozesses mit den Mitarbeitern in einem aktiven Dialog zu bleiben. Ein Veränderungsmanagement kann resp. sollte Informations- und Schulungsmaßnahmen beinhalten. Aber auch individuellen Coaching, iterative Beratung, Arbeitsgruppen und kollektive Veranstaltungen.

Bestenfalls will sich der Mitarbeiter an die neue Strukturen, Aufgaben und Abläufe gewöhnen und seine persönliche Arbeitsleistung daran ausrichten. Schlimmstenfalls lehnt der Mitarbeiter die Veränderung ab.

5. „Die Betroffenen zu Beteiligten machen.“ – Was bedeutet diese im Rahmen des Change Managements häufig verwendete Floskel?

Diese, wie Sie sagen Floskel, ist der Kern eines erfolgreichen Changeprojektes. Viele Menschen streuben sich vor Veränderung. Die einen bewusst, die anderen unbewusst. Unser konditioniertes Verhalten, welches wir von Kindesbeinen erlernen, sorgt dafür, dass wir uns sehr gerne in unserer Komfortzonen aufhalten. Also der Zone, die wir kennen – gleichgültig, ob diese gut und weniger gut ist. Menschen oder Organisationen aus dieser Komfortzone (Wir alle kennen solche Sätze:“ Das haben wir schon immer so gemacht“) zu bekommen, schafft man, indem man den Einzelnen und auch die Gruppe in die gestalterische Verantwortung nimmt. Lässt man die Betroffenen in der passiven, konsumierenden Position, erlangt man nicht die Bereitschaft, einen Schritt aus der Komfortzone, also den gewohnten Bahnen zu machen. Ist jede individuelle Verantwortung und Gestaltungsmöglichkeit im Spiel fühlt sich der Einzelne gewehrschätzt und beteiligt.  Durch die methodische Begleitung wird der Unternehmung die Möglichkeit gegeben, diese Disziplin – der Veränderungsbereitschaft – und umsetzung –  für die Unternehmung auch lernbar zu machen. So kann das erlernte Verhalten immer wieder reproduziert werden. Das Veränderungsvermögen einer Unternehmung gehört heute zu einem der wichtigsten Erfolgsfaktoren.