Wann darf ein Arbeitgeber das Arbeitsverhältnis fristlos beenden?
Wenn ein Arbeitnehmer eine Fähigkeit einbüßt, die er zur Ausübung seines Berufs auf jeden Fall braucht, kann sein Arbeitgeber ihn fristlos entlassen. Das ist zum Beispiel der Fall, wenn ein Fernfahrer seinen Führerschein verliert oder wenn einem Ausbilder die Ausbildungserlaubnis entzogen wird. Auch wer eine Haftstrafe antritt, darf fristlos gekündigt werden.
Arbeitnehmer, die regelmäßig zu spät kommen, Arbeitsverweigerung betreiben, unerlaubt Urlaub machen oder Arbeitsanweisungen vorsätzlich missachten, gehen ebenfalls das Risiko der außerordentlichen Kündigung ein.
Auch bei Diebstählen, sexueller Belästigung, ausländerfeindlichen Äußerungen oder groben Beleidigungen von Vorgesetzten, die die weitere Zusammenarbeit unzumutbar machen, kann das Arbeitsverhältnis frühzeitig beendet werden. Arbeitnehmer sollten weder die Betriebsordnung missachten noch den Betriebsfrieden nachhaltig stören. Weitere triftige Gründe sind die Annahme von Schmiergeldern und Betriebsspionage.
Meist nicht ohne Abmahnung
Kommt es im Betrieb zu einer Gewalttat oder einem sexuellen Übergriff, ist eine weitere Zusammenarbeit unzumutbar. Wer hingegen immer zu spät kommt oder Arbeitsverweigerung betreibt, muss erst abgemahnt werden. Auch dabei kann der Arbeitgeber Fehler machen, etwa, indem er den Grund der Abmahnung nicht genau definiert oder keine Konsequenzen angibt für den Fall, dass keine Besserung eintritt.
Auch muss die Abmahnung sich auf den Kündigungsgrund beziehen: Wir ein Arbeitnehmer für sein Zuspätkommen abgemahnt und erhält wegen grober Beleidigung die fristlose Kündigung, kann sie unwirksam sein – so unangenehm die weitere Zusammenarbeit mit einem solchen Kollegen auch sein mag.
Schutz nicht ohne Grund
In vielen Fällen lohnt es sich für den Arbeitnehmer, nach einer fristlosen Kündigung einen Anwalt einzuschalten. Der Kündigungsschutz ist in Deutschland relativ streng, denn eine fristlose Kündigung bringt viele negative Begleiterscheinungen mit sich:
- Diese Form der Beendigung des Arbeitsverhältnisses darf durch Andeutungen im Arbeitszeugnis erwähnt werden. Die Folge ist eine Rufschädigung des Arbeitnehmers.
- Die Agentur für Arbeit kann eine Sperrfrist von zwölf Wochen verhängen. So bekommt der Gekündigte kein Arbeitslosengeld I.
- Gegebenenfalls muss der fristlos entlassene Angestellte seinem ehemaligen Chef auch Schadenersatz zahlen, etwa, wenn dieser vorübergehend eine Arbeitskraft einstellen muss.
- Je nach Vertrag kann auch eine Vertragsstrafe winken.
Fristlose Kündigung durch den Arbeitnehmer
Auch Arbeitnehmer dürfen eine fristlose Kündigung aussprechen. Bei ihnen kommen folgende Gründe dafür in Betracht:
- zum wiederholten Male ausbleibende Zahlung des Gehalts
- Einbehalten der Sozialabgaben
- Arbeitsunfähigkeit
- sexuelle Belästigung
- Gesundheitsgefährdung am Arbeitsplatz
- Verlangen einer Straftat
- Diskriminierung
- Mobbing
- grobe Beleidigung
Solltest du mit dem Gedanken spielen, fristlos zu kündigen, überleg es dir gut: Auch für den Arbeitgeber bedeutet das eine Rufschädigung, und er hat Ausfälle durch dein abruptes Verschwinden, die er irgendwie kompensieren muss. Außerdem musst auch du Abmahnungen aussprechen, also deutlich und schriftlich auf die Probleme hinweisen und darauf hinweisen, dass sie deine fristlose Kündigung nach sich ziehen könnten. Bei Gewalttaten oder sexueller Belästigung gilt das natürlich nicht. Allerdings musst du deine Gründe immer beweisen können.
Anhand deiner Kontoauszüge kannst du nachweisen, dass das Gehalt mehrfach nicht überwiesen wurde. Und für den Beweis deiner Arbeitsunfähigkeit reicht zumeist das Attest vom Arzt. Für Diskriminierung, Mobbing, grobe Beleidigung und ähnliche Schwierigkeiten hingegen solltest du belastende Nachrichten oder Mails sammeln und Zeugen benennen können.
Die Frist für die fristlose Kündigung
So schräg es klingt: Für die fristlose Kündigung muss eine Frist eingehalten werden. Innerhalb von zwei Wochen, nachdem der Betreffende von dem Grund für die fristlose Kündigung erfahren hat, muss sie überreicht werden. Eine lange Verschleppung oder ein taktisches „Aufbewahren“ des Grundes für spätere Zeiten ist nicht erlaubt. Gibt es einen Betriebsrat im Unternehmen, muss der Arbeitgeber ihn auf jeden Fall von seinem Vorhaben in Kenntnis setzen und seine Meinung dazu einholen. Versäumt er das, wird eine bereits ausgesprochene Kündigung im Nachhinein unwirksam.
Abwägen vor der fristlosen Kündigung
Beide Parteien, sowohl der Arbeitgeber als auch der Arbeitnehmer, sollten die fristlose Kündigung nur als letztes Mittel benutzen. Der Arbeitgeber muss zum Beispiel berücksichtigen, wie lange der problematische Kollege schon in der Firma ist: Je länger die Betriebszugehörigkeit ist, desto schwieriger wird es, die Kündigung durchzusetzen. Außerdem bleibt festzustellen, ob das Vertrauensverhältnis so weit zerrüttet ist, dass eine gemeinsame Weiterarbeit unmöglich ist. Wichtig ist auch, ob eine Wiederholungsgefahr besteht.
Auch als Arbeitnehmer solltest du überlegen, ob eine fristlose Kündigung der einzig gangbare Weg ist. Ist es nicht dein Chef selbst, mit dem du ein so großes Problem hast, dass du gehen möchtest, suchst du am besten das Gespräch mit ihm. Erkläre ihm, dass bestimmte Vorgänge für dich unhaltbar sind und dass du die fristlose Kündigung in Erwägung ziehst. Ändert sich nichts am Problem an sich, kann dein Chef es zumindest oft so einrichten, dass du mit Resturlaub und abzubauenden Überstunden fristgerecht mit einer ordentlichen Kündigung gehen kannst.
Einbußen beim Arbeitslosengeld
Achtung: Kündigst du unter Einhaltung der Kündigungsfrist aus eigenem Antrieb, bekommst du zwölf Wochen lang kein ALG I. Für diese Zeit wird eine Sperre von der Agentur für Arbeit eingerichtet. Daher solltest du für diesen Fall einige finanzielle Rücklagen oder bereits einen neuen Job in Aussicht haben.
Planst du die fristlose Kündigung, solltest du schon im Vorfeld mit einem Berater von der Agentur für Arbeit sprechen: In den meisten Fällen wird auch hier eine Sperre erhoben. Bleibt dir allerdings wirklich keine Wahl, etwa, weil dein Arbeitgeber nachweislich seit längerer Zeit nicht zahlt, kann in deinem Fall eine Ausnahme gemacht werden. Jeder Fall wird hier individuell bewertet.
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