5 Fragen an: Albrecht Kresse

Albrecht Kresse ist Experte, Speaker und Autor für innovative Personalentwicklung. Als Gründer und Geschäftsführer der edutrainment company entwickelt er mit seinem Team maßgeschneiderte Lösungen für deutsche Weltmarkführer im Mittelstand und internationale Konzerne. Viele begeisterte Kunden und zahlreiche Auszeichnungen bestätigen den Erfolg des Edutrainment-Konzepts.

1. Welche Soft Skills sind für das berufliche Fortkommen besonders wichtig?

Alles, was die Kommunikationsfähigkeit erhöht ist willkommen. Wenn der Aufstieg in Großunternehmen nur zu zehn Prozent an den Fachkompetenzen hängt, ist klar, dass gewinnende Verhaltensweisen grundsätzlich helfen, die eigenen Karrierechancen zu erhöhen. Wie schaffe ich ganz unabhängig vom Thema eine positive Gesprächsatmosphäre? Wie verkaufe ich mich selbst gut? Das ist selten direktes Thema der innerbetrieblichen Weiterbildung. Aber wer aus einem Kommunikationstraining oder einem Präsentationstraining die richtigen Schlüsse zieht, der weiß, wie er oder sie sich zu vermarkten hat.

2. Wie können Arbeitnehmer neben dem Beruf ihre Soft Skills trainieren?

Viele gut gemeinte Trainingsangebote im Unternehmen scheitern an der mangelnden Umsetzungsmöglichkeit im Unternehmen. Sie haben beispielsweise an einem Entwicklungsprogramm für Nachwuchskräfte teilgenommen, sind aber selbst eben noch keine echte Führungskraft? Da sind Transferchancen im privaten Umfeld gefragt. Wie wäre es mit dem Aufstieg in den Vorstand Ihres Sportvereins? Verbände und Vereine beklagen den Nachwuchsmangel. Hier reicht manchmal ein gut vorbereiteter Wortbeitrag auf der Mitgliederversammlung zur Wahl in den Vorstand. Und dort sind dann Kompetenzen gefragt und trainierbar, die auch im Unternehmensalltag von Nutzen sind: Meetings vorbereiten und moderieren, Mitglieder mit Präsentationen zum Engagement ermutigen, Konflikte managen – und natürlich psychologische Konstellationen erkennen und Persönlichkeitstypen studieren. Das perfekte Spielfeld für die Karriere im Bürodschungel. Natürlich eignet sich auch Tante Agathes runder Geburtstag für eine rhetorische Fingerübung.

3. Welche Eigenschaften sind für Führungskräfte unverzichtbar?

Ich würde jetzt gerne antworten, dass es auf Integrität und Empathie ankommt. Aber das stimmt leider nicht ganz. Es kommt darauf an, in welcher Unternehmensgröße Sie aktiv sind. In KMUs ist Fachkompetenz immer noch wichtig. In Konzernen ist viel eher die Fähigkeit gefragt, psychologisches Gespür zu zeigen und Machtkonstellationen richtig einzuschätzen. Natürlich geht es immer um die Führung von Menschen. Und da die Veränderungsgeschwindigkeit zugenommen hat, sind Menschen gefragt, die andere inhaltlich und psychologisch mitnehmen können.

4. Welche Weiterbildungsmöglichkeiten sollte ein Unternehmen seinen Mitarbeiter unbedingt anbieten?

Ein schlaues Unternehmen sucht nach Möglichkeiten, Mitarbeiterziele und Unternehmensziele zu synchronisieren. Das ist also individuell ganz verschieden. Statt Seminartourismus mit 08/15-Weiterbildungskatalog sind Angebote zur systematischen Kompetenzentwicklung gefragt. Jürgen Klinsmann hat mal gesagt, er wolle die Spieler jeden Tag besser machen. Das hat er zwar selbst nicht geschafft, aber die Aussage ist eine gute Leitschnur für die heutige Personalentwicklung. Wer Mitarbeitern hilft, eigene Potenziale zu erkennen und auszubauen, bindet diese auch länger. Wer schlau ist, macht seine Mitarbeiter zu mündigen Selbstlernern, statt ihnen scheinbar passende Entwicklungsmöglichkeiten hinterherzutragen.

5. Wie können Arbeitnehmer beim Thema Weiterbildung die Initiative ergreifen?

Sprechen Sie mit ihrer Führungskraft. Und mit der Personalabteilung. Wer sich beide zum Freund macht, erhält auch mehr Weiterbildung. Wichtig: Sie sollten einen klaren Plan haben und begründen können, weshalb eine Investition in Ihren Kopf sinnvoll ist. Für Sie und besonders für Ihren Arbeitgeber.

Karriere im Mittelstand weniger geradlinig

Der Mittelstand ist bei vielen angehenden Führungskräften beliebt geworden. Im Gegensatz zu dem beruflichen Werdegang in großen Konzernen gibt es jedoch keinen Königsweg für den Aufstieg. Wer karrieremäßig hoch hinaus möchte, muss Flexibilität bewahren. Unkonventionelle Wege sind im Mittelstand häufiger erfolgreich. Dafür kann man in der Hierarchie sehr schnell aufrücken.

 

Vielfältige Möglichkeiten führen die Karriereleiter hinauf
Wegen der flachen Hierarchien ist der Konkurrenzdruck im Mittelstand niedriger. Es gibt dafür aber auch keinen Fahrplan für die Karriere, wie er in Großkonzernen angeboten wird. Unternehmenseigene Karriereprogramme, an denen man teilnehmen könnte, stehen nicht zur Verfügung, stattdessen ist vermehrt Eigeninitiative gefragt. Dazu gehört außerdem die Bereitschaft, ins kalte Wasser zu springen. Denn der Aufstieg erfolgt oft ohne einen Zwischenstopp oder über den Quereinstieg. Bei einer Neubewerbung sieht das noch anders aus, ein geradliniger Lebenslauf öffnet überhaupt die Tür. Die meisten Führungskräfte rutschen jedoch in ihre erste Führungsrolle hinein und müssen durch Learning-by-Doing Erfahrung sammeln. Spezialisierte Seminare für Führungskräfte können ein Sprungbrett für die Karriere sein und helfen, wenn bestimmte Kenntnisse wie etwa in der Kommunikation, im Projektmanagement und in der Personalverantwortung vertieft werden müssen. Die Teilnahme an teuren Weiterbildungen lohnt sich allerdings nur, wenn ein Führungsjob in Aussicht steht. Im Mittelstand kommt es weniger auf Zertifikate an, die man vorweisen kann, als mehr auf unternehmerisches Denken, Begeisterungsfähigkeit und andere Persönlichkeitsmerkmale. Soziale Kompetenzen und die eigene Motivation spielen für den Aufstieg zur Führungskraft eine größere Rolle als zum Beispiel ein MBA-Titel. Schließlich kommt es in dieser Position vor allem auf gute Mitarbeiterführung an.

Gute Anstellungschancen
Um die Jobaussichten im Mittelstand ist es gegenwärtig gut bestellt. Grund hierfür sind Besetzbarkeitsprobleme, die im Mittelstand höher ausfallen als bei den deutschen Top-1.000-Unternehmen. Laut einer Studie der Universität Bamberg zu den „Recruitingtrends im Mittelstand 2015“ (komplette Studie im PDF-Format) gehen die 1.000 befragten Unternehmen davon aus, dass 38,1 Prozent ihrer Vakanzen voraussichtlich nur schwer zu besetzen sein werden und 6,3 Prozent gar nicht besetzt werden können. Bei den Top-1.000-Unternehmen sind es demgegenüber 4 Prozent weniger Vakanzen, die als schwierig zu besetzen eingestuft werden, nicht besetzbar sein werden wohl 5 Prozent der offenen Vakanzen.

Zum richtigen Zeitpunkt könnte es, wenn die Besetzbarkeitsschwierigkeiten anhalten, für Bewerber leichter werden, eine begehrte Stelle mit Leitungsfunktion zu ergattern, sofern sie als potentielle Kandidaten in Erscheinung treten.