Kann ich Startup?
Nirgendwo außer im Rahmen einer Selbstständigkeit kann man sich so selbstverwirklichen wie mit einer eigenengagierten Mitarbeit in einem Startup. Nirgendwo sind die Aufgabengebiete so abwechslungsreich, die Hierarchien so flach, die Arbeit so unternehmerisch geprägt wie in einem Startup – aber es gibt auch Risiken und Nachteile in der so attraktiv erscheinenden Gründerwelt: Auch gute Startup-Ideen können scheitern, komplett umgekrempelt werden, die Gehälter liegen oft unter denen von Konzernen, Überstunden und Nachtschichten gehören eher zur Regel als zur Ausnahme und für den Lebenslauf entscheidet man sich in den seltensten Fällen für eine Startup-Karriere, denn meist fehlt die dafür nötige Reputation des Startups.
Um zu wissen, ob man selbst in die Arbeitswelt von Startups passt, ist eines besonders wichtig: Kommunikation und die intensive Beschäftigung mit der Wunschbranche und dem Gründerunternehmen, in dem man sich am liebsten erfolgreich beteiligen möchte. Also: XING und LinkedIn nutzen, Kontakte knüpfen und mit Leuten reden, die entweder bereits in einem Startup arbeiten oder dort schon einmal gearbeitet haben.
Hat man den Kontakt zu interessanten Persönlichkeiten im Startup-Umfeld hergestellt, sind zunächst mal die Antworten auf folgende klassische Fragen hilfreich:
- Welche beruflichen Voraussetzungen haben andere mitgebracht?
- Welche Ausbildung mit welchen Schwerpunkten wurde absolviert?
- Welche Berufspraxis war eine gute Vorbereitung für das aktuelle Engagement in dem jeweiligen Startup?
- Welche generellen Empfehlungen sind möglich?
Hierdurch erhält man Klarheit darüber, in welcher Weise die eigenen Zwischenziele auf dem Weg zum eigentlichen Karriereziel gelegt werden könnten. Ein strategisch guter Plan, der schriftlich festgehalten und kontinuierlich beachtet sowie bei Bedarf angepasst wird, ist eine ideale Vorbereitung und Unterstützung bei der Hauptaufgabe: Tun, machen, handeln!
Praxiserfahrungen, Praktika, Projekte, unbezahlte kurzfristige Mitarbeit sowie freie Mitarbeiten sind ebenfalls alles Chancen, um herauszufinden, ob man wirklich für die Arbeitswelt in einem Startup geeignet ist. Von außen mag die Startup-Welt unglaublich interessant, locker und anziehend wirken. Doch wer einmal hinter die Bühne geschaut hat, der kann viel fundierter beurteilen, ob dieses Arbeitsumfeld für einen selbst wirklich Sinn macht oder nicht.
Zu dieser Einschätzung gehört auch die Beantwortung der Frage, ob man die notwendige Ausdauer und Begeisterung mitbringt, um auch stressige Phasen, Phasen der vielfältigen Unsicherheiten und Phasen der Frustration überstehen zu können. Man muss vorab selbstkritisch beurteilen, ob man für eine solche Perspektive wirklich der richtige Kandidat bzw. die richtige Kandidatin ist. Ein Startup ist permanenter Wandel und wer sich mit Unsicherheit nicht wohl fühlt, der wird wahrscheinlich in diesem Umfeld nicht glücklich.
Es bestehen oft keine Sicherheiten und auch die Rollen der Mitarbeiter sind meist nicht klar definiert. Gerade aus diesem Grunde sollte man sich selbst darüber sicher sein, was man kann und wo man hin möchte. Ansonsten besteht die Gefahr sich im den Unsicherheiten des Startup-Lebens zu verlieren und nur reaktiv zu agieren.
Eine Empfehlung ist deshalb sich mit sich selbst auseinander zu setzen. Bei einer Vielzahl von Unsicherheiten und ständiger Dynamik ist es empfehlenswert, eine gewisse innere Klarheit hinsichtlich der eigenen Ziele und Prioritäten zu haben und diese idealerweise schriftlich festzuhalten. Wissenschaftliche Studien haben ergeben, dass die Visualisierung von Zielen und Zwischenschritten die Chance zur Zielerreichung massiv steigert.
Auch wenn die unsichere Startup-Welt nicht mit festen, starren Plänen vereinbar ist, so können gewisse grobe Ziele, z. B. bestimmte bevorzugte Aufgabengebiete, durchaus als Wunsch formuliert werden. Auf diese Weise behält man den Überblick und kann auch in stürmischen Zeiten einfacher entscheiden, wie man auf unerwartete Herausforderungen gut reagiert. Dies alles mag nun vielleicht etwas komplex klingen, aber das Visualisieren der eigenen Ziele ist ein durchaus relevanter Punkt, um im Startup erfolgreich und einflussreich zu werden.
Wenn dann klar ist, dass die Startup-Welt genau das richtige ist, geht es an die Wahl des für einen richtigen Startups. Dabei zu beachten? Genau: Kommunikation und Erfahrungsaustausch mit (Ex-)Mitarbeitern und später dann: das richtige Deuten der Antworten auf die eigenen Fragen, die man während des Vorstellungsgeprächs stellen konnte.
Wichtig ist nicht nur, dass der oder die Gründer eine klare Vision haben, sondern diese auch in klar definierte Arbeitspakete übersetzen kann/können. Handelt es sich um ein Gründerteam, sollte klar sein, dass es an einem Strang zieht – zerstrittene Gründer sind mitunter das Schlimmste, was einem Startup passieren kann, denn eine Vision braucht ein geschlossenes Team hinter sich, das zielgerecht und fokussiert für die Idee arbeitet. Ebenfalls wichtig: Ein divergent zusammengesetztes Startup-Team mit Köpfen voller unterschiedlicher Erfahrungen, Wissenswelten und Kenntnissen wie Fähigkeiten, denn die täglichen Herausforderungen sind so bunt und vielfältig, dass ein gleichförmiges Team sie nur schwer bewältigen könnte.
Arbeitsmarkt und Recruiting
Auch in der Startup-Welt gilt das Motto „Gute Leute werden immer gebraucht“. Wichtig ist, zu verstehen, dass dieser Satz mit einer gewissen Dynamik verbunden ist, also sich der Personalbedarf sehr flexibel entwickeln kann und dass die Mitarbeitersuche sich von der von Konzernen und mittelständischen stark unterscheidet: Stellenausschreibung sind weniger relevant als persönliche Gespräche und Netzwerke.
Die Flexibiliät im Personalbedarf hängt u. a. mit den unterschiedlichen Startup-Phasen zusammen. Immer wird auch die veränderte Situation der jeweiligen Phase eine individuelle Personalsituation erzeugen, die dann zum Personalbedarf wird.
Es ist ein Fakt, dass eine traditionelle Karriere im Sinne von Einstieg, Bewährung und Aufstieg sicherlich ebenfalls in Startups möglich, jedoch auf keinen Fall die Regel ist. Die Geschwindigkeit ist eine andere: Von neuen Mitarbeitern im Startup werden im Vergleich zu mittelständischen Firmen oder gar Konzernen mehr und schnellere Entscheidungen verlangt. Für Mitarbeiter bedeutet dies, dass man sich an die sich stetig ändernden Bedingungen und Situationen sowie an eine schnelle Arbeitsgeschwindigkeit anpassen sollte.
Engagierte Mitarbeiter sind für 36 Prozent der deutschen Startup-Unternehmen der zentrale Erfolgsfaktor und damit relevanter als eine Geschäftsidee (29 Prozent) oder eine klare Vision und Strategie (22 Prozent), sagt eine Studie des Wirtschaftsprüfungsunternehmens PricewaterhouseCoopers (PwC) , das deutschlandweit rund 270 Startups befragt hat. Startups sind also laufend auf der Suche nach qualifizierten und talentierten Bewerbern, haben aber auch besondere Ansprüche, die nicht (in allen Punkten) mit denen eines Mittelständlers oder gar eines Konzerns zu vergleichen sind. Logisch, denn die Märkte von Startups sind meist hart umkämpft. Dementsprechend groß ist der Wettbewerbsdruck. Hinzu kommen hohe Erwartungen der Investoren an effiziente Workflows, gutes Management und vor allem: An einen frühen Markterfolg.
Trotz spezieller Startup-Jobbörsen, Startup-Recruiting-Events und Anbindung an Netzwerke (via VCs oder Business Angels oder der Nähe zu bestimmten Hochschulen) haben viele Startups massive Probleme, die richtigen Leute zu finden. Das bestätigen die Zahlen der PwC-Studie: Fast drei von vier (73 Prozent) Gründern haben nach eigenen Angaben Schwierigkeiten bei der Mitarbeitersuche. „Startup-Unternehmen bekommen den Fachkräftemangel deutlich zu spüren“, so PwC weiter. Allerdings gibt es regionale Unterschiede: In der Startup-Hauptstadt Berlin gaben nur 63 Prozent der Jungunternehmer an, sich bei der Rekrutierung von Mitarbeitern schwerzutun. Die meisten Startups gaben ebenfalls an, dass sie sich gerne wieder von Mitarbeitern trennen würden, weil es ihnen an Motivation fehle (44 Prozent).
Die Gründe dafür, dass viele Gründer kein gutes Händchen fürs richtige Personal haben und die Fehlbesetzungsquote im Vergleich zu etablierten Unternehmen deutlich zu hoch ist, sind vielfältig: Der ausschlaggebendste Grund, glaubt man der Studie von PwC, liegt darin, dass die Mitarbeitersuche häufig nicht sonderlich professionell abläuft: 74 Prozent der Jungunternehmer rekrutieren ihr Personal über private Kontakte und Empfehlungen. Klar, denn welches Startup hat schon Gründer, die über Recruiting-Erfahrung verfügen? Ein Budget für die Personalsuche können ebenfalls die wenigsten mit einplanen, geschweige denn einen Vollzeit-Personaler einstellen.
Bekannt sind viele Startups in der Regel auch nicht, sodass Initiativbewerbungen so gut wie nie vorkommen. Und aus Sicht des Bewerbers sind die Hürden auch etwas größer als bei einem Job in einem bekannten Unternehmen: Die Stellenbezeichnungen und Aufgabenprofile sind oft nicht ganz eindeutig, denn die Verantwortungsgrenzen in Startups verschwimmen meist sehr stark. Die Jobsicherheit der Mitarbeiter ist geringer, das Unternehmen ist ein lebendiger Change-Prozess, es gibt wenig klare Strukturen, feste Prozesse und ggf. auch ein geringeres Gehalt als in einem traditionellen Konzern.
Aber das alles sollte keinen abschrecken, der sich mit dem Gedanken beschäftigt, Karriere in einem Startup machen zu wollen, denn den genannten Punkten stehen eine Reihe an Vorteilen von Startup-Jobs gegenüber.
Durchkämmt man online den Stellenmarkt nach Startup-Jobs und kategorisiert man grob die Aufgabenbereiche, in denen Top-Talente gesucht werden, wird man schnell fündig – und stellt fest, dass man trotz der vielen Technologie-Startups kein Informatikstudium abgeschlossen haben muss, um eine erfolgreiche Karriere im Startup zu starten: Einige Startups suchen nach weiteren Mitgliedern für das Management-Team, die Geschäftsführung oder das Interims-Management.
Sucht man nach Fachbereichen, ist die IT-Branche ziemlich weit vorne: Entwickler, Programmierer, Experten für Schnittstellendesign oder User-Experience werden von nahezu jedem Startup gesucht, gefolgt von Stellen im Produkt- und Projektmanagement, Marketing/PR, Content/Redaktion, Vertrieb/Sales, Finanzen/Controlling. Praktikanten und Werkstudenten werden in der Regel in allen genannten Fachbereichen gesucht, plus z. B. Administration, Callcenter.
Top Startup-Branchen
Startups fordern klassische Player in allen Bereichen heraus. Beispiele hierfür sind die Industrien Energie/Smarthome, Gesundheit, Immobilien, Bildung, Personalwesen, Versicherungen, Infrastruktur und Mobilität. Die digitale Transformation müssen sie nicht meistern. Sie leben digital und entwickeln neue digitale Geschäftsmodelle oder -prozesse in Märkten, in denen tradierte Konzerne nicht nur, aber auch mit der Digitalisierung kämpfen.
Auf Platz eins der Risikokapitalinvestitionen rangiert laut einer Studie der Wirtschaftsprüfungsgesellschaft Ernst&Young der Bereich Finanzdienstleistungen/FinTech, gefolgt vom Bereich e-Commerce. Darunter fallen zum Beispiel Lieferdienste oder Online-Händler und Shopping Clubs. Auf Rang drei folgt die Branche Software & Analytics, Health, Media & Entertainment, Mobility und Energie.
Location, Location, Location: Startup-Regionen in Deutschland
Ungeschlagene Startup-Hauptstadt ist Berlin. Das zeigt das Startup-Barometer der Wirtschaftsprüfungsgesellschaft EY: Bei 220 Finanzierungsrunden erhielten Berliner Jungunternehmen insgesamt 1,07 Milliarden Euro. Wie in Berlin wurden auch in Bayern, Nordrhein-Westfalen und Hamburg mehr Finanzierungsrunden gezählt als im Vorjahr. Beim Finanzierungsvolumen konnten sich im vergangenen Jahr die Start-up-Standorte Bayern und Nordrhein-Westfalen hinter der Bundeshauptstadt platzieren – und verzeichneten dabei erhebliche Zuwächse: Bayern um 87 Prozent und NRW um 57 Prozent.
Laut KPMG holt außerdem vor allem die Metropolregion Rhein-Ruhr extra auf, zu der Städte wie Dortmund, Köln oder Düsseldorf zählen. In dieser Region sind bereits 14,1 Prozent aller deutschen Startups zuhause.
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