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Kinder und Karriere sind nicht vereinbar, aber das ist OK

Eine gern gehegte Illusion unserer Zeit, ist die Vereinbarkeit von Kind und Karriere. Man muss sich einfach reinhängen, wird gesagt. Außerdem gibt es ja so wunderbare Instrumente wie Elternzeit und Kitas, die auch schon die kleinsten in der Krippe aufnehmen und den ganzen Tag betreuen. Da muss sich nicht immer nur die werdende Mutter mit dem Gedanken anfreunden, kurzzeitig aus dem Beruf auszuscheiden, auch der Mann kann das übernehmen. Man wechselt sich ab, modern und gleichberechtigt, damit beide trotz Nachwuchs im Job voll durchstarten können.

Diese und viele andere vermeintlich gut organisierte Konzepte skizzieren Mama und Papa in spe an das Whiteboard der Zukunft. Warum auch nicht, wenn man sich aus dem Internet Tipps für die Schwangerschaft holen kann, die blendend funktionieren, dann klappt das sicher auch in der Zeit mit Kind. Weit gefehlt.

Wer alles durchplanen will, wird an der Unwägbarkeit des Lebens scheitern

Dieser Plan basiert auf Perfektion und Unfehlbarkeit der Eltern und der Umgebung und ist bei Lichte betrachtet eine Utopie. Selbst wenn der Mann ein paar Monate zu Hause bleibt, was nutzt es, wenn er dann nie wieder Zeit hat, falls eine Kinderkrankheit nach der nächsten ausbricht. Was, wenn der verständnisvolle Chef auf einmal weniger davon begeistert ist, dass man als Mutter zum dritten Mal in zwei Monaten zu Hause bleiben muss, weil in der Kita ein Infekt umgeht. Wie soll es zu schaffen sein, wenn ein spontanes und wichtiges Meeting den Feierabend und damit die Fahrt zum Kindersport verhindert. Einer muss immer zurück stecken, weil dieser Zustand nicht planbar ist. Zwei Eltern mit dem Fuß auf dem Karrieregas, das ist logistisch nicht machbar, mal ganz abgesehen davon, dass die Beziehung von diesem Zustand, gelinde gesagt, nicht unbedingt profitiert.

Beide Elternteile müssen Ambitionen zurückschrauben
Deswegen sollte die Entscheidung für Kinder nicht mit dem Wunschdenken einhergehen, beide können voll an ihrer Karriere arbeiten. Keiner sagt, dass einer ganz aufhören muss zu arbeiten, es sollte nur klar sein, dass Ambitionen reduziert werden müssen. Ganz nach der persönlichen Definition von Karriere und Erfolg. Ein Kind, das in der Kita und Nachmittagsbetreuung aufwächst und gerade mal von den Eltern ins Bett gebracht wird, kann und sollte nicht das Ziel sein. Ein Kind ist ein Vollzeitjob, der nur funktioniert, wenn man ihn sich flexibel aufteilt. Das geht eben nur, wenn man auch im eigentlichen Beruf ein wenig flexibel bleibt. Wie so oft im Leben geht es um das Setzen von Prioritäten. Wer es dennoch anders versucht, braucht viel Glück und starke Nerven.

Kind und Karriere: „Gott sei Dank komme ich mit sehr wenig Schlaf aus!“

Robin Heintze, Gründer und Geschäftsführer der Online-Marketing-Agentur Morefiremedia, erzählt uns aus seinem Leben als Familienvater und wie er es schafft, dieses mit seinen Geschäftsführertätigkeiten zu vereinen. Das gesamte Interview findet Ihr auf Gründerszene.de

 

 

Hallo Robin, stelle dich doch bitte kurz vor.

Ich bin Robin Heintze, 31 Jahre alt, Vater von zwei tollen Söhnen – einer vier Jahre, der andere grade drei Monate alt – und Gründer und Geschäftsführer von Morefiremedia. Nebenbei bin ich als Dozent für Suchmaschinen-Marketing tätig, außerdem bin ich begeisterter Fußballer und Läufer.

Was macht deine Partnerin?

Meine Freundin ist Lehrerin an einer Förderschule, genießt aber im Moment ihre Elternzeit.

Auf welche Unterstützung kannst du noch zurückgreifen?

Unsere Eltern wohnen zwar nicht unmittelbar in unserer Nähe, springen aber regelmäßig ein. Ansonsten helfen Freunde uns aus und was ganz wichtig ist: Wenn es brennt, halten mir im Büro die Kollegen den Rücken frei, sodass ich mir Zeit für familiäre Themen nehmen kann.

Hast du Elternzeit beantragt?

Beim ersten Kind bin ich eine Zeit lang immer einen Tag pro Woche zu Hause geblieben. Da lag die Firmengründung allerdings auch erst drei Monate zurück und es war extrem schwierig für mich, mir Freiräume zu erarbeiten. Beim zweiten Kind habe ich jetzt direkt den ersten Monat nach der Geburt Elternzeit genommen. Das Ausfüllen der Anträge und die Formalitäten, sind natürlich nicht gerade sexy, aber die Gegenleistung ist es allemal wert und die Regelung an sich sensationell! Tragischerweise fiel der Zeitraum meiner Elternzeit genau auf die Fußball-WM…

Das Team – das von Morefiremedia, nicht die Nationalmannschaft – hat in der Zeit tolle Arbeit geleistet. Okay, die Nationalmannschaft auch. Ich musste lediglich die wichtigsten E-Mails, die ich vorher gefiltert hatte, beantworten und ab und zu am Telefon Fragen beantworten. Dadurch ist kein Vakuum entstanden und alles konnte reibungslos weiterlaufen.

Was ist das Beste am Vatersein? Was ist doof?

Das Beste? Die Kinder! Das kann man nicht beschreiben! Die zu oft gehörte Phrase „Man bekommt so viel zurück!“ ist einfach wahr. Vor zwei Jahren wurde mein Sohn gefragt, mit welchem Kind er am liebsten spielt. Er hat geantwortet: „Mit dem Papa.“

Was doof ist? „Doof“ ist hier das falsche Wort. Denn es ist ja nicht die Schuld von den Kindern, dass ich weniger Zeit für andere Sachen habe, die ich gerne mache. Und dass ich nachts weniger Schlaf bekomme. Und dass ich nicht mehr frei über meine Zeit verfügen kann. Und dass ich es gelegentlich bereue, wenn ich am Wochenende lange ausgehe und am nächsten Morgen gefordert werde. Es ist nicht ihre Schuld, sondern ihr gutes Recht!

Welche Probleme oder Schwierigkeiten ergeben sich aus der Kombination Kind-Karriere?

Es ist ein Balance-Akt, bei dem ich versuche, allen so gut wie möglich gerecht zu werden, ohne mich dabei zu zerreißen. Ich will die Kinder oft sehen, Zeit mit ihnen verbringen und für sie da sein. Das Gleiche gilt für meine Freundin und natürlich auch für Freunde.

Aber parallel bin ich beruflich gefordert, da ich Verantwortung für die Firma, die Mitarbeiter und die Kunden trage. Das führt dazu, dass ich die Arbeit mittlerweile anders aufteile. Kunden- und Mitarbeiter-Termine lege ich sehr eng getaktet auf meine Büro-Zeit und alles andere mache ich oft „nach Feierabend“, also wenn die Kinder im Bett sind. So schaffe ich es trotzdem, abends mit ihnen zu essen und die Gute-Nacht-Geschichte vorzulesen.

Wie ist die zeitliche Gewichtung zwischen Kind und Karriere?

Ich arbeite sehr gerne und daher auch gerne viel. Aber natürlich versuche ich, die Aufteilung für alle Beteiligten so harmonisch wie möglich zu gestalten. Gott sei Dank komme ich mit sehr wenig Schlaf aus, sodass ich für beides viele Stunden am Tag zur Verfügung habe.

Strukturierst du deinen Tag anders, seitdem du Vater bist?

Ja, komplett anders. Ich glaube, ich habe ihn überhaupt zum ersten Mal wirklich strukturiert. Wie genau, hängt von der aktuellen Situation ab. Aber dank meiner Selbstständigkeit kann ich sehr gut auf verschiedene Umstände reagieren.

Wie sieht so ein Tag bei dir jetzt aus?

Ein typischer Tag kann so aussehen, dass ich um sechs aufstehe, eine Stunde arbeite, die Kinder wecke und dann mit ihnen frühstücke. Dann bringe ich den Großen in den Kindergarten, fahre ins Büro, mache in der Mittagspause Sport, fahre gegen 17 Uhr nach Hause und schalte in den Familienmodus um, das heißt: Spielen, Abendessen, ins Bett bringen. Dann verbringe ich ein wenig Zeit mit meiner Freundin und sitze gegen 22 Uhr wieder am Rechner und beantworte Mails.

Was machst du morgens als Erstes? E-Mails checken oder Kinder wecken?

Das ist situationsabhängig. Kinder wecken macht aber mehr Spaß.

Was hast du von deinen Kindern gelernt?

Dass ich zum Glück selber sehr oft noch nicht ganz erwachsen bin, aber viel zu oft auch doch. Dass sich auf den Boden schmeißen und schreien eine nicht zu unterschätzende Verhandlungsstrategie ist. Dass die Pharma-Industrie einpacken kann, wenn bekannt wird, wie gut Gummibärchen Schmerzen in Luft auflösen.

Wie wichtig ist dir die Work-Life-Balance deiner Mitarbeiter und wie wird sie in deinem Unternehmen durchgesetzt?

Work-Life-Balance finde ich sehr wichtig, aber das sagt wahrscheinlich jeder. Wir versuchen zum Beispiel alles, damit die Mitarbeiter ihre Urlaubswünsche realisiert bekommen, was meistens auch dreiwöchige Fernreisen sind. Nur wenn sie sich gut erholen, können sie das ganze Jahr auch richtig motiviert arbeiten. Neue Mitarbeiter beantworten oft abends oder am Wochenende E-Mails, was ich dann immer untersage. Wenn etwas extrem Dringendes ansteht, rufe ich an. Alles andere kann warten.

Natürlich gibt es auch Phasen, in denen sehr viel Arbeit entsteht und da erwarte ich dann auch, dass das ohne großes Murren gemeinsam gestemmt wird. Aber das ist kein Dauerzustand und wir versuchen dann, an anderen Stellen zu kompensieren. Grundsätzlich haben alle Mitarbeiter viele Freiräume, sodass sie sich ihre Arbeit flexibel einteilen können, Homeoffice machen dürfen und Pausen so, wie sie es wollen.

Welche Tipps hast du für werdende Väter, die Kind und Karriere unter einen Hut bekommen wollen?

Seid in erster Linie tolle Väter! Das heißt nicht, komplett auf Karriere zu verzichten, sondern die Zeit, die für die Kinder da ist, so weit wie verträglich auszudehnen. Und diese Zeit auch bewusst zu nutzen und zu genießen – also Smartphone weglegen, wenn es nichts brutal Dringendes gibt. Dann wird auch automatisch die Zeit für die Karriere effizienter genutzt.

Wichtig auch: Die Ansprüche an sich selbst realistisch stellen. Denn man wird nie allen so gerecht, wie man es gerne hätte.

5 Fragen an: Barbara Streidl

Barbara Streidl, geboren 1972, ist Journalistin und Musikerin. Sie publiziert in verschiedenen Medienanstalten und ist Moderatorin im Bayerischen Rundfunk. Zu ihren Schwerpunkten zählen frauenpolitische Fragen als auch das Sichtbarmachen von Frauen in der gesellschaftlichen Debatte, in der Politik und im Internet. Zuletzt erschien ihr Buch „Darf ich gleich zurückrufen? Der alltägliche Wahnsinn einer berufstätigen Mutter“ (Blanvalet 2011).Seit 2013 ist sie Vorstand des Vereins Frauenstudien München e.V. , der für öffentliche Veranstaltungen zwischen Neuer Frauenbewegung und Alphamädchen verantwortlich zeichnet.

1. Um eine Frage aus Ihrem Buch „Kann ich gleich zurückrufen? Der alltägliche Wahnsinn einer berufstätigen Mutter“ aufzugreifen: Muss das Leben einer Frau, die weder auf ein Kind noch auf ihren Job verzichten will, noch immer an Wahnsinn grenzen?

Nein, das muss es nicht. Aber bei vielen Frauen grenzt es an Wahnsinn, diese Vereinbarkeit zweier essentiellen Bereiche des Lebens; und bestimmt auch bei einigen Männern.

2. Karriere und Beruf vereinbaren, Frauen in Führungspositionen locken – Es gab Zeiten in denen die Politik kaum ein anderes Thema kannte. Warum ist trotzdem so wenig passiert?

Mit der (Wieder-)Entdeckung der Frauenpolitik als Wahlkampfthema ließen und lassen sich Sympathiepunkte machen. So ist es zu erklären, dass etwa die konservative Union, deren Frauenbild vor noch gar nicht allzu ferner Zeit mit Kindern und Küche abgestimmt wurde, heute an manchen Stellen fast schon visionär erscheint – und dabei frauenpolitische, familienpolitische Themen von anderen Parteien übernimmt. Dass die Wiederkehr der Themen aber keinen Paradigmenwechsel eingeläutet hat, zeigt, um was es tatsächlich geht. Denn all diese Vereinbarkeitserleichterungen und Anstrengungen, weibliche Fachkräfte aus der stillen Reserve locken: Sollten damit wirklich Frauenleben besser gemacht werden – oder doch eher der Fachkräftemangel auf dem bundesdeutschen Arbeitsmarkt behoben werden?

3. Liegt es vielleicht auch einfach daran, dass viele Frauen ihr Leben einfach nicht dem Beruf verschreiben wollen?

Mit Sicherheit. Verstehen wir doch immer noch unter „Karriere machen“ einen 60-Wochenstunden-Job plus Wochenendschicht, der nach einer Ganztagskita regelrecht schreit (wenn es denn überhaupt Kinder gibt)  – und das ist nun mal nicht für alle attraktiv. Hier brauchen wir dringend neue Vorbilder. Teilzeit-Managerin z.B. – und nicht etwa im eigenen Familienunternehmen, wie es die Werbung suggerieren möchte.

4. Kind und Karriere unter einen Hut bringen – Längst nicht mehr nur ein Frauenthema, oder?

Nein. Zum Glück nicht.

5. Gibt es den perfekten Zeitpunkt für die Familiengründung, wenn man als Frau trotzdem auch noch beruflich durchstarten möchte?

Ich glaube nicht. Weil Frauenleben individuell gelebt werden – inkl. Familiengründung und Berufstätigkeit.

Kinder und Karriere: Auch für Männer ein Thema

Wie bringe ich Kinder und Karriere unter einen Hut? Diese Frage wird in der Regel aus Sicht der Mütter diskutiert, da es für Frauen auch heute noch schwer ist, sowohl beruflich erfolgreich zu sein, als auch eine Familie aufzubauen. Aber auch Männer haben zunehmend das Problem Berufs- und Privatleben miteinander in Einklang zu bringen.

Warum „Kind & Karriere“ auch für Männer ein Thema ist

Das Aufbrechen der typischen Rollenverteilung: Frau als Hausfrau und Mutter, Mann als Ernährer und Arbeiter, hat nicht nur dazu geführt, dass Frauen die Karriereleiter erklimmen wollen, sondern auch dazu, dass Männer auch Väter sein möchten. Der Wunsch, die Entwicklung und die ersten Schritte des Kindes mitzuerleben ist in den vergangenen Jahren gewachsen. Die Männerwelt ist mittlerweile davon überzeugt: Ein guter Vater muss nicht nur für die finanzielle Versorgung des Nachwuchses aufkommen, sondern auch so viel Zeit wie möglich mit seinen Kindern verbringen. Bei vielen Vätern haben die Kinder der Karriere deswegen den ersten Rang auf der Liste der Lebensziele abgelaufen. Trotzdem bleibt die Anforderung nach beruflichem Erfolg bestehen. Und da hier die Erwartungshaltung der Unternehmen, aufgrund der alten und in den Köpfen doch noch verankerten Rollenmuster, hoch ist, fällt es Männern häufig schwer, ihre Vaterrolle im Job zu erklären.

Kind & Karriere unter einen Hut bringen

Ähnlich wie bei Müttern, die den Spagat versuchen, gilt auch für Väter: Ein Patentrezept für die Vereinbarkeit von Beruf und Familie gilt es noch zu finden. Wichtig ist vor allem, dass Sie bei einem verständnisvollen Arbeitgeber gelandet sind. Wer neben der Karriere eine Familie aufbauen möchte, sollte bei der Arbeitgeberwahl darauf achten, dass das Unternehmen familienfreundlich ist und beispielsweise Verständnis dafür hat, dass bei Krankheit der Kinder ein Elternteil zu Hause bleiben muss. In vielen Firmen ist es für Väter auch immer noch schwer, ihre Elternzeit tatsächlich in Anspruch zu nehmen, da hier noch die Erwartungshaltung gilt, die Mutter würde diese Aufgabe übernehmen. Auch hier gilt es, auf Verständnis zu setzen und frühzeitig das Gespräch mit dem Vorgesetzten zu suchen.

Wenn die Vater-Kind-Zeit im Alltag trotzdem zu kurz kommt, ist es wichtig, kleine Rituale in den Familienkreis zu integrieren, die verdeutlichen, dass Papa jetzt nur für die Kinder da ist. Dies kann beispielsweise durch die Übernahme des abendlichen Ins-Bett-bringen oder des morgendlichen Kindergarten- bzw. Schul-fertig-machen geschehen. Auch Vater-Kind-Wochenenden sind eine gute Möglichkeit, den Kindern zu verdeutlichen, dass Papa da ist, auch wenn er unter der Woche wenig Zeit hat. Viele Kindergärten und Grundschulen unterstützen solche Unternehmungen mittlerweile und bieten Ausflüge der Kinder zusammen mit ihren Vätern an.

Der wohl wichtigste Erfolgsfaktor für das gelingen eines erfüllenden Berufs- und Privatlebens bleibt jedoch wohl der richtige Partner, mit dem die Teamarbeit im Projekt Familie gelingt.

5 Fragen an: Sascha Schmidt

Sascha Schmidt ist ganzheitlicher Karriereberater und -coach. Den Schlüssel zur Vereinbarkeit von Karriere und Familie sieht er in dem Willen der Mütter und Väter, die es tun. Größtes Hindernis ist für ihn die fehlende familienfreundliche Führungskultur in Unternehmen.

Im Coaching stärkt und überprüft er den Willen der Eltern; als Personalberater unterstützt er Unternehmen auf den Weg zu mehr Familienfreundlichkeit im Führungsalltag.

 1. Warum wird die Herausforderung Karriere und Familie unter einen Hut zu bringen immer größer?

Es gibt immer mehr Frauen und Männer, die dem klassischen Rollenverständnis nicht mehr entsprechen: Er macht als Ernährer Karriere und sie kümmert sich um Haushalt und Kinder. Mütter wollen nicht ihre berufliche Laufbahn opfern und Väter wollen nicht mehr abwesend sein. Auf der einen Seite fangen Arbeitgeber und Kommunen an, berufstätige Eltern zu unterstützen. Auf der anderen Seite ist in den Köpfen der Führungskräfte häufig kein Verständnis zu finden, wenn der Projektleiter in die Elternzeit geht. Sich als Arbeitgeber als „familienfreundlich“ zertifizieren zu lassen reicht nicht aus. Damit das kein Etikettenschwindel ist, sollte die Unternehmens- und Führungskultur entsprechend ausgerichtet sein. Da sind wir in sehr vielen Unternehmen noch meilenweit entfernt von. Hier liegt die große Herausforderung der Vereinbarkeit von Karriere und Familie!

2. Karriere und Kinder – Können Frauen dieser Anforderung langfristig gerecht werden?

Die Frage gilt genauso für Männer. Ich habe es selber erlebt und praktiziert: Double income – two kids geht! Und zwar auch wenn beide Elternteile Vollzeit als Führungskräfte arbeiten. Grundvoraussetzung ist, dass beide es wirklich wollen. Dann schaffen Sie es, sich in der Partnerschaft entsprechend zu unterstützen. Wer jedoch zum  Beispiel alleinerziehend ist, für den wird es schwierig werden, den Spagat zwischen Karriere und Kinder zu meistern.

3. In Zeiten von zunehmenden Burn-Out-Erkrankungen wird der Begriff Work-Live-Balance immer häufiger genutzt – Was genau verbirgt sich dahinter?

Ich mag den Begriff Work-Life-Balance nicht. Er nimmt eine künstliche Trennung von Arbeit und Freizeit vor. Ich spreche in meiner Karriereberatung von Life-Balance. Befinde ich mich mit meinem Tun – egal ob im Meeting oder auf dem Fußballplatz – im Einklang mit mir. Konkret: Macht mir Spaß, was ich gerade tue? Unser Arbeitsleben ist zentraler Bestandteil unseres täglichen Tuns. Wer in der Arbeit aus der Balance fällt, der möge prüfen, ob er den richtigen Job oder Arbeitgeber hat. Meine Faustformel hierfür lautet: Ein Tag pro Woche ohne Spaß im Job ist ok. Bei zwei Tagen sollten Sie an Veränderungen denken. Wie geht es Ihnen?

4. Wie bringen Arbeitnehmer ihre beruflichen und privaten Interessen in Einklang?

Ganz einfach, in dem Sie Entscheidungsträger in eigener Sache werden. Sie glauben gar nicht, welchen Unterschied es macht, zu sagen „Ich muss das tun“ oder „Ich will das tun“. Meine Coaching-Gesprächspartner lernen es, vom „Müssen“ ins „Wollen“ zu kommen. Dann sage ich nämlich nicht: „Heute muss das Fußballtraining meines Sohnes ausfallen, da ich die Präsentation fertig machen muss“ sonder „Ich will die Präsentation fertig machen; das ist wichtig für mich und meine Karriere und daher werde ich nicht zum Training gehen.“ Klingt für manche hart, zugleich sind Sie sich so bewusst, dass Sie die Verantwortung für ihr Handeln haben. Kinder lieben übrigens Eltern, die tatkräftig sind und sich nicht als Opfer von Umständen darstellen. Werden Sie also Führungskraft in Ihrem Leben, dann bekommen Sie private und berufliche Interessen in den Einklang – jeder für sich individuell.

5. Besonders nach der Elternzeit ist es für viele Arbeitnehmer schwierig, den Wiedereinstieg zu meistern – Worauf sollten Eltern hier bei der Jobsuche achten?

Die Wahl des richtigen Arbeitgebers ist entscheidend, ob der Wieder- oder Neueinstieg gelingt. Unterstützt eine Firma und der direkte Vorgesetzte das Comeback nach der Elternzeit oder merken Sie gleich, dass Sie zum Beispiel als Teilzeit-Führungskraft unerwünscht sind? Wenn hier nicht die Chemie stimmt, dann wird der Wiedereinstieg schwer. Zusätzlich gilt es darauf zu achten, wie familienfreundlich das Unternehmen in seinem Personalmanagement aufgestellt ist. Gibt es die Möglichkeit von flexiblen Arbeitszeiten, Home Office  und sonstiger Unterstützung?