5 Fragen an: Markus Jotzo

Markus Jotzo weiß, was hervorragende Führungskräfte ausmacht. Acht Jahre lang war er Führungskraft bei Unilever, erlebte gute und schlechte Führungsqualitäten und sehr wenig exzellente, bevor er sich mit seiner eigenen Firma selbstständig machte. Heute ist Markus Jotzo international als Speaker, Trainer und Coach tätig sowie Inhaber des Instituts Markus Jotzo Leadership Development. Aus seiner Erfahrung sind es oft gerade die unbequemen Chefs, die in ihren Ergebnissen und bei der Mitarbeiterentwicklung nicht zu toppen sind. Warum das so ist, erfahren Sie hier.

1. Was sind die entscheidenden Eigenschaften, um eine gute Führungskraft zu sein?

Exzellente Führungskräfte richten ihr Augenmerk besonders auf zwei Themen: die strategische Entwicklung des Geschäfts; also, was brauchen wir, um morgen genauso oder noch erfolgreicher zu sein? Und wie muss ich meine Mitarbeiter gezielt entwickeln, damit diese Stück für Stück besser werden, um die Herausforderungen von morgen zu wuppen? Meistens kommt dieser zweite Teil, die Mitarbeiterentwicklung, zu kurz. Für beide Bereiche benötigen Sie einen scharfen Fokus und müssen viel Zeit investieren.

2. Was muss ich mir auf der anderen Seite dringend abgewöhnen, wenn ich mein Team erfolgreich führen möchte?

Alles selbst entscheiden zu wollen, jede E-Mail zu beantworten, jede Meeting-Einladung anzunehmen, wenig Verantwortung zu delegieren und dadurch strategische Themen schleifen zu lassen sowie wenig Zeit für Mitarbeitergespräche einzuräumen.

3. Warum passen nett sein und führen Ihrer Ansicht nach nicht zusammen?

Immer wieder persönliches Wachstum von seinen Mitarbeitern einzufordern ist harte Arbeit – für beide Seiten. Es gilt das Prinzip: wertschätzend zu sein, aber immer mal wieder auch unangenehm. Als exzellente Führungskraft entwickeln Sie Ihre Mitarbeiter in sehr persönlichen Verhaltensweisen. Solche, die ausgezeichnete Ergebnisse ermöglichen, sind aber nicht mal eben so „eingestellt“. Regelmäßige Rückmeldung zu diesen noch nicht ausreichend entwickelten Handlungsmustern zu bekommen macht daher verständlicherweise keinen Spaß. Sein Feedback deshalb in Watte zu packen, hilft jedoch nicht weiter. Sie müssen direkt, klar und unmissverständlich suboptimales Verhalten ansprechen und vorbildliches einfordern. Das ist nicht nett, muss stets wertschätzend erfolgen und ist für beide Seiten immer wieder unangenehm.

4. Wie können Angestellte ihren Chef adäquat kritisieren?

Selbstbewusst, kurz und bündig, direkt, ebenfalls wertschätzend, als Wunsch formuliert und mit klarem Nutzen für die Abteilung und die Arbeitsergebnisse. Das funktioniert über zwei Wege: Entweder können Angestellte das Thema Feedbackkultur zunächst im Team-Meeting ansprechen oder sie wenden sich gleich an ihren Vorgesetzten: „Chef, ich habe ein Thema, das ich gern mit Ihnen besprechen möchte. Es geht um unsere Zusammenarbeit. Wann hätten Sie eine Viertelstunde dafür Zeit?“

5. Und wie gehe ich mit unverbesserlichen Chefs um?

Der stete Tropfen höhlt den Stein! Die meisten Mitarbeiter probieren leider gar nicht erst kritisches Feedback zu geben – oder aber viel zu selten. Gewohnheiten verändern sich jedoch nicht nach einem Gespräch und nicht über Nacht. Daher bedarf es sehr vieler regelmäßiger Hinweise. Denn: Der Grund dafür, dass unverbesserliche Chefs unverbesserliche Chefs bleiben ist, dass deren Vorgesetzte und Mitarbeiter zu wenige Veränderungen einfordern. Genau das ist aber notwendig. Nur wenn ausreichend wertschätzender Schmerz und, bei ersten Veränderungen, ausreichend positive Feedbacks gegeben werden, besteht berechtigte Hoffnung auf Verbesserung.

Neu: Das Touchpoint Management und der Touchpoint Manager

Um die Führungsqualität steht es schlecht. Dies zeigt der „Leadership Communication Monitor 2014“ der Kommunikationsagentur Ketchum. An die Fähigkeiten ihrer Top-Manager glauben nur 22 Prozent der 6.500 weltweit Befragten – aber bloß 16 Prozent der 500 deutschen Studienteilnehmer. Im Vergleich zum Vorjahr sind diese Werte weiter gesunken. Und nur 27 Prozent der Befragten haben hierzulande das Gefühl, dass ihre Führungskräfte das Kommunizieren beherrschen.

Auch bei der Effektivität fand eine Erosion statt: Nachdem 2013 noch 29 Prozent der Deutschen der Meinung waren, Führungskräfte arbeiten effektiv, sind es heute gerade mal 19 Prozent. Besonders skeptisch sind die Deutschen, wenn es um die nahe Zukunft geht. Nur elf Prozent der Befragten gehen davon aus, dass die Führungsmannschaft ihre Unternehmen in den nächsten zwölf Monaten gut managen wird.

Servicewüsten entstehen durch Führungswüsten

Ein schlechter Führungsstil hat nicht nur fatale Folgen für das Mitarbeiterengagement. Es ergeben sich auch unmittelbare Auswirkungen auf das Geschäft. So hat die Hälfte der von Ketchum in Deutschland Befragten schon mindestens einmal einen Anbieter wegen schlechter Unternehmensführung boykottiert oder weniger von dieser Firma gekauft. Und 40 Prozent haben gekauft, weil ihnen das Unternehmen positiv aufgefallen ist. Ganz ohne Zweifel: Der Wettbewerb der Zukunft wird auf dem Marktplatz der Unternehmenskulturen geführt.

Doch während sich draußen alles mit Tempo verändert, vertrödeln drinnen die Manager mit verbrauchten Ritualen aus dem letzten Jahrhundert wertvolle Zeit: Topdown-Formationen, Hierarchiegehabe, Silodenke, Abteilungsegoismen, Budgetierungsmarathons, Anweisungskultur, Kontrollwahn und Kennzahlenmanie sind nur einige Stichworte von vielen. Die Unternehmen sind in ihren eigenen Systemen gefangen. Und sie werden nicht am Markt, sondern an ihren Strukturen scheitern. Denn mit Werkzeugen von gestern ist die Zukunft nun mal nicht zu packen.

Das interne Touchpoint-Management kann Retter sein

Um die Herausforderungen der Zukunft zu meistern und die Führungsarbeit besser zu machen kann das interne Touchpoint Management hilfreich sein. Es betrachtet die „Reise“ eines Mitarbeiters durch das Unternehmen und geht von dessen Standpunkt aus. Hierzu gehört jeder interne Touchpoint – das sind die Interaktionspunkte zwischen Mitarbeitern, Führungskräften und Organisation – auf den Prüfstand. Ganz andere Führungsstile rücken dabei nach vorn: Möglichmacher, Katalysatoren und kundenfokussierte Leader werden von nun an gebraucht. Und für Führungskarrieren kommen ausschließlich Menschenspezialisten infrage.

Im Rahmen eines vierstufigen Prozesses berücksichtigt das interne Touchpoint Management die komplexen Anforderungen an unsere neue Arbeitswelt. Ziel ist die Koordination aller internen Touchpoints, um die Interaktionsqualität zu verbessern, inspirierende Arbeitsplatzbedingungen zu gestalten und – im Rahmen eines wertschätzenden Klimas – ansprechende Leistungsmöglichkeiten zu schaffen. Hierbei kann und muss jeder Kontakt als Chance genutzt werden, die Exzellenz der Mitarbeitenden zu erhöhen, ihre emotionale Verbundenheit zum Unternehmen zu stärken und positive Mundpropaganda nach innen und außen auszulösen. Am Ende des Weges steht eine Organisation, die hocheffizient ist – und zutiefst human.

Der Touchpoint-Prozess in vier Schritten

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cover-Touchpoint-Unternehmen-150x225In Schritt 1 werden zunächst alle Interaktionspunkte gesichtet, die ein Bewerber mit dem Unternehmen und ein Mitarbeitender im Rahmen der Zusammenarbeit mit einer Führungskraft hat. Sind diese aufgelistet, werden die Ereignisse, die dort passieren, den Kategorien „enttäuschend“, „okay“ und „begeisternd“ zugeordnet. Dabei geht es sowohl um die kritischen Geschehnisse als auch um die positiven Erlebnisse, die einem dort widerfahren – oder im schlimmsten Fall widerfahren könnten. Die Mitarbeitenden werden durch adäquate Fragestellungen aktiv in diese Analysephase eingebunden.

Schritt 2 beinhaltet das Definieren der angestrebten Zielsituation und das Sondieren passender(er) Vorgehensweisen an solchen Interaktionspunkten, die man für die anvisierten Mitarbeitergruppen optimieren will. Hierbei geht es sowohl um eine unternehmenskulturelle Basis als auch um die konkreten Dos and Don‘ts, also darum, was erwünscht und was unerwünscht ist.

Schritt 3 befasst sich mit der Planung und Umsetzung von Maßnahmen, die von der analysierten Ist-Situation zur gewünschten Soll-Situation führen. Vieles muss dabei von den Führungskräften selbst in die Hand genommen werden, manches lässt sich an einen internen Touchpoint-Manager übertragen, und einiges kann etwa im Rahmen von Großgruppen-Events mit den Mitarbeitern gemeinsam konzipiert werden. So erzeugt man den „Mein-Baby-Effekt“. Weniger ist dabei mehr. Man wählt also am besten einige „Quick Wins“ zum Start, Maßnahmen also, die schnelle Resultate versprechen.

In Schritt 4 gehtes um das Ergebnis-Monitoring und das weitere Optimieren der Führungsarbeit. Dabei sollten Touchpoint-Maßnahmen vor allem langfristig positive Auswirkungen auf die mitarbeiterbezogenen Kennzahlen haben, wie etwa auf die durchschnittliche Bleibedauer, die Fluktuationsrate, die Kranktage, den Ideenoutput, den Weiterbildungswillen, die Produktivität sowie die Weiterempfehlungsbereitschaft der Mitarbeiter am Arbeitsmarkt.

Ein neues Berufsbild: der interne Touchpoint Manager

Unsere neue Arbeitswelt ist nicht nur komplexer, sondern auch kollaborativer und vernetzter geworden. Das Gestalten einer dementsprechenden Führungskultur spielt eine zunehmend wichtige Rolle. Zu diesem Zweck wurde ein neues Berufsbild geschaffen: der interne Touchpoint Manager. Er ist Brückenbauer zwischen Organisation, Beschäftigten und Führungskreis. Er sorgt sich um die körperliche, geistige und seelische Fitness der Mitarbeiter, damit deren Performance auf Höchststand bleibt.

Diese Funktion hat sowohl strategische als auch operative Komponenten, sie ist also viel mehr als nur ein bisschen Mitarbeiterstreicheln. In Zeiten von Talente-Knappheit und Social Media-Gerede kann sie über die Zukunft eines Unternehmens maßgeblich mitentscheiden. Der jeweilige Stelleninhaber sollte interdisziplinär arbeiten können und sich sowohl in Führungs- also auch HR-Themen gut auskennen. Er benötigt psychologische Kenntnisse und Coaching-Kompetenz. Er ist Moderator, Netzwerker, Kommunikator und Diplomat in einer Person.

Mithilfe des Touchpoint-Prozesses lässt sich diese Aufgabenstellung systematisieren. Die Ausbildung zum zertifizierten internen Touchpoint Manager richtet sich vor allem an ambitionierte Beschäftigte, die im Kontext unserer neuen Arbeitswelt und mithilfe dieser Zusatzqualifikation die Wettbewerbsfähigkeit ihrer Arbeitgeber sichern wollen. Zu weiteren Information: www.touchpoint-management.de