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5 Fragen an: Dr. Tomas Bohinc

Dr. Tomas Bohinc (Nauheim) ist als praxiserfahrener Ratgeberautor bekannt. Seit 20 Jahren arbeitet er in der Personalentwicklung der Telekom AG. In seinen Karriere-Blogs erreicht er monatlich über 25.000 Leser. Tomas Bohinc ist zudem als Trainer und Berater tätig und Autor zahlreicher Karriereratgeber wie Grundlagen des Projektmanagements.

1. Klein- oder Großunternehmen – Wo sollte die Karriere begonnen werden?

Der Start einer Karriere in einem Großunternehmen hat den Vorteil, dass der Berufsanfänger viele Möglichkeiten hat sich zu entwickeln. Großunternehmen haben meistens auch Programme für Berufsanfänger und gute Weiterbildungsmöglichkeiten. Auch ist es leichter innerhalb des Unternehmens zu wechseln, wenn der Job oder die Abteilung nicht passt. Dafür sind Großunternehmen für Berufsanfänger oft unübersichtlich und sie brauchen länger, um sich in den Strukturen des Unternehmens zurechtzufinden. Berufsanfänger, die eher übersichtliche Strukturen benötigen, können in einem Kleinunternehmen einen besseren Berufsstart haben. Letztendlich sollte jedoch nicht die Unternehmensform den Ausschlag geben. Wichtig ist, dass der Job und Unternehmen zum Berufsanfänger passen.

2. Welche Unterschiede ergeben sich zwischen einem Berufseinsteiger und Jemandem, der bereits Berufserfahrung hat und sich „lediglich“ neu orientiert?

Menschen, die sich neu orientieren haben bereits Erfahrungen mit dem Arbeitsleben. Sie haben ihren Arbeitsrhythmus gefunden, wissen wie sie sich zu Kollegen und Chefs verhalten müssen und wie sie sich im Arbeitsalltag behaupten. Berufsanfänger können nur auf Erfahrungen aus Praktika und Ferienjobs zurückgreifen. Sie stehen am Anfang ihrer Karriere und müssen vieles Neues lernen. Aber dies ist auch eine Vorteil: Sie gehen unbelastet in die neue Berufssituation und können offen und neugierig sich den Herausforderungen stellen. Demgegenüber haben Menschen, die sich neu orientieren bereits Enttäuschungen erlebt und müssen gerade lernen wieder offen und neugierig zu sein.

3. Worauf müssen Berufseinsteiger besonders achten?

Für Berufsanfänger ist der Start in den Beruf eine neue Situation, die sie vor drei Herausforderungen stellt: Erstens müssen sie fachlich mit der Arbeitsaufgabe zu Recht kommen und wahrscheinlich viele Dinge noch dazulernen. Zweitens müssen sie sich im Unternehmen zurechtfinden und Beziehungen zu Kollegen und Chefs gestalten. Und drittens ihren eigenen Arbeitsrhythmus finden und mit den Belastungen des Arbeitsalltag klar kommen. Um diesen Herausforderungen gerecht zu werden, müssen Sie sich fachlich für Ihren Job fit machen, ein gutes Netzwerk zu Kollegen aufbauen und sich Arbeits- und Zeitmanagementtechniken aneignen, um ihren Job gut zu bewältigen.

4. Der Karriereeinstieg als Trainee wird immer beliebter. Ist es sinnvoll so zu starten?

Traineeprogramm werden von Unternehmen angeboten, um neue Mitarbeiter gut auf die künftigen Aufgaben im Unternehmen vorzubereiten. Trainees können hier unterschiedliche Aufgaben wahrnehmen, viele Erfahrungen sammeln und ein gutes Netzwerk knüpfen. Dies ist eine gute Basis für einen erfolgreichen Karrierestart. Deshalb ist ein Traineeprogramm immer eine gute Wahl. Jedoch sollte ein Trainee sich bewusst sein, dass das Unternehmen ihn als künftige Führungskraft und Leistungsträger sieht und im Trainneeprogramm viel Engagement erwartet.

5. Die Berufseinsteiger werden immer jünger und haben meist nur wenig Erfahrung – Was raten Sie diesen Karrierestartern?

Der Berufsstart ist eine Lernphase. Hier lernt der Berufsanfänger vor allem sich gut in der Arbeitswelt zu behaupten und eine erfolgreiche Karriere zu machen. Sein von der Ausbildung mitgebrachtes Wissen sind die Basis, dies sich nur dann auszahlt, wenn der Berufsanfänger bereit ist Neues zu lernen und sich im Unternehmen etabliert. Dazu sollte er sich Ziele setzen, was er in den ersten Wochen, Monaten und den ersten drei bis vier Jahren erreicht haben will und immer wieder überprüfen, wie nahe er seinem Ziel ist und seine Ziele korrigieren, wenn Sie sich als nicht erreichbar erweisen.

Karriere im Startup: Nutzen Sie einmalige Chancen

Die Startup-Kultur wächst im deutschsprachigen Raum zunehmend. Immer mehr Uni-Absolventen, Arbeitnehmer und Kreative nutzen die Chance, ihr eigenes Unternehmen zu entwickeln und zu etablieren. Sobald die Geschäftsidee am Markt ankommt, können die Gründer anfallende Aufträge und Aufgaben häufig nicht mehr alleine bewältigen und suchen nach qualifizierter und motivierter Unterstützung. Startups bieten damit vielseitige Karrierechancen

Startups als Karriereeinstieg

Viele Absolventen orientieren sich bei der Jobsuche schnell an den Unternehmen, die sie kennen und von denen sie im Laufe ihres Studiums schon gehört haben. Ein Großunternehmen hat als Arbeitgeber sicher seine Reize, aber auch Startups sollten für den Berufseinstieg nicht vernachlässigt werden. Die Konkurrenz durch andere Bewerber ist bei der Bewerbung in einem kleinen Unternehmen, welches sich gerade erst am Markt etabliert in der Regel kleiner. Sie erhöhen dadurch Ihre Chancen auf den erfolgreichen Berufseinstieg. Wenn Sie beispielsweise für den Job gerne in Ihrer Heimat bleiben möchten, haben Sie in der Startup-Branche auch größere Chancen, in Ihrem Aufgabenbereich fündig zu werden, wohingegen Sie sich bei der Bewerbung in großen Konzernen nach deren Standorten und Einsatzgebieten richten müssen. Und vor allem gilt nicht nur für Berufseinsteiger: Nirgendwo lernen Sie so schnell so viel wie in Startups.

Schnell und viel lernen

Kleinunternehmen und Startups sind in der Regel für jede helfende Hand dankbar. Das Praktikanten hier zum Kaffee kochen angestellt werden oder Neueinsteiger keine Berücksichtigung bei der Verteilung von Aufgaben finden, kommt hier nur äußerst selten vor. Häufig greift sogar das Gegenteil: Stellen Sie sich darauf ein, schon in Ihren ersten Tagen ins kalte Wasser geschmissen zu werden und an allen Ecken und Enden mit anzupacken und Ihre Kollegen bei allen Aufgaben zu unterstützen. Sie werden dadurch nicht nur in Ihrem Fachbereich viel dazu lernen, sondern auch ganz generell Ihr Organisations- und Zeitmanagement verbessern.

Locker und kreativ

Im Gegensatz zu Konzernen sind Startups häufig durch eine lockere Unternehmenskultur und flache Hierarchien geprägt. Dieses geringere Level an Bürokratie und Kontrolle führt im Arbeitsalltag häufig zu vielen Vorteilen. Startups bieten beispielsweise Lösungen wie das Arbeiten aus dem Home-Office oder flexible Arbeitszeiten wesentlich häufiger an als die großen Mitbewerber ihrer Branche. Für Frauen –aber auch Männer – wird es somit leichter Familie und Beruf unter einen Hut zu bringen.

Auch wenn Arbeitnehmer bei einer Karriere im Startup beim Gehalt häufig zurückstellen müssen, bieten die jungen Unternehmen mit ihren frischen Ideen vor allem auf der persönlichen und fachlichen Ebene viele Möglichkeiten zur Weiterentwicklung und sollten deswegen als potentielle Arbeitgeber nicht vernachlässigt werden.

5 Fragen an: Markus Väth

Dipl. Psych. Markus Väth ist Inhaber der Beratungsfirma Mensch & Chance. Er arbeitet unter anderem als Business Coach und Karriereberater, ist Autor zweier Bücher zur Arbeitswelt und betreibt ein psychologisches Fachblog. Auch bei Facebook und XING  kann man sich mit ihm vernetzen.

1. Berufs- und Auslandserfahrung, Sprachkenntnisse, soziale Kompetenz, ehrenamtliches Engagement und ein Studium in Regelstudienzeit mit Top-Abschlussnoten: Diese Fertigkeiten sollten Absolventen laut vieler Stellenanzeigen noch vor dem eigentlichen Start ins Berufsleben mitbringen. Fängt die Überforderung damit heute schon vor dem eigentlichen Berufseinstieg an?

Im Grunde, ja. Vor allem, weil Absolventen sich diese Überforderungen selbst schaffen. In den allermeisten Fällen ist die „eierlegende Wollmilchsau“, welche die Unternehmen angeblich haben wollen, ein Mythos, eine Mode. Gestern hieß es noch: den Lebenslauf bitte schön stromlinienförmig und vollgepackt; heute beginnen bereits die Diskussionen, man hätte bei Bewerben gern sichtbare Ecken und Kanten. Wer sich als Absolvent nach solchen Moden richtet, kann nur verlieren. Übrigens: Die Arbeitslosenquote bei Akademikern liegt seit Jahren konstant bei circa drei Prozent. Das ist praktisch Vollbeschäftigung. Zur Panik besteht also kein Anlass.

2. Wie schaffen es Absolventen und auch Arbeitnehmer solchen hohen Ansprüchen gelassener entgegenzusehen?

Erstens, in dem sie diese Ansprüche als Mythen enttarnen. Viele Unternehmen wollen nicht mehr den besten Bewerber, sondern den passenden. Das ist ein gewaltiger Unterschied. Zweitens, indem sie zu sich selbst stehen, zu ihrer Biographie, ihren Stärken und Schwächen. Drittens – und das gilt vor allem für Absolventen – indem sie lernen, ihre individuelle Qualität dem Arbeitgeber entsprechend „rüberzubringen“. Damit meine ich nicht, sich „zu verkaufen“. Sondern für den Arbeitgeber relevante Informationen über sich vermitteln können: im Lebenslauf, im Anschreiben und im Einstellungsgespräch.

3. Worauf sollten Arbeitgeber achten, um sicherzustellen, dass ihre Mitarbeiter täglich angemessen gefordert aber nicht überfordert werden?

Darüber kann man ganze Bücher schreiben; ich will hier nur zwei Aspekte herausgreifen.

Erstens sollten Chefs von Prozess- auf Ergebniskontrolle umschalten. Wenn ich neu im Job bin, brauche ich vielleicht noch Anleitung durch die Schritte einer Aufgabe. Irgendwann soll und will ich als Mitarbeiter aber von alleine laufen. Viele Chefs vollziehen diesen Schritt des Loslassens nicht oder nur halbherzig, weil sie Angst haben, die Kontrolle zu verlieren. Eine ständige Gängelung durch den Chef killt aber die Motivation.

Zweitens sollten sich alle Mitarbeiter und Chef bei jeder Aufgabe nicht nur die Frage stellen: Was sollten wir tun? Sondern auch: Warum sollten wir es tun? Viele Abläufe in Unternehmen können schlicht sinnlos sein, veraltet, starr oder reiner Aktionismus. Sobald man Prozesse und Aufgaben mit der „Warum“-Frage gefiltert hat, bleiben in der Regel weniger, aber sinnvolle und damit motivierende Aufgaben übrig. Unter Umständen muss man dafür natürlich einige „heilige Kühe“ schlachten.

4. Ich bin mit meinem Job überfordert. An welchen Stellen sollte ich zunächst selbst nach Möglichkeiten zur Stressreduzierung und Zeitersparnis suchen, bevor ich das Gespräch mit dem Vorgesetzten suche?

Vergessen Sie klassisches Zeitmanagement; es funktioniert einfach nicht. Zeit lässt sich nicht managen; es kommt Ihnen immer etwas dazwischen. Verändern Sie vielmehr Ihre Perspektive: nicht mehr die Zeit in den Blick nehmen, sondern die Störungen. Sie brauchen Methoden und Entscheidungshilfen, aber auch eine innere Stärke, die Ihnen innerhalb von Sekunden unter die Arme greift: Nehme ich den Hörer ab? Gehe ich in dieses Meeting? Muss ich diese Mail lesen? In der Regel erleben wir im Beruf immer die gleichen Klassen von Störungen und Ablenkungen. Daher kann man das mit der Zeit gut automatisieren und hat so den Kopf frei für andere Dinge.

5. Wenn nichts mehr geht: Welche Beratungsstellen empfehlen Sie überforderten Arbeitnehmern?

Der erste Anlaufpunkt ist normalerweise der Betriebsarzt. Der holt einen erst einmal aus der Schusslinie. Aber auch die örtlichen Gesundheitsämter haben Listen mit Therapeuten, an die man sich wenden kann. Und wenn man tatsächlich einen schweren Burnout oder eine Depression hat, sollte man sich gut überlegen, ob man nicht stationär in eine Klinik gehen will.