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Stress: So entkommen Sie der Burn-Out Falle

Vor allem in der Vorweihnachtszeit geht es in vielen Unternehmen hoch her. Der Chef möchte offene Projekte unbedingt noch vor dem Jahresende abschließen und Kunden drängen auf die schnelle Umsetzung von Aufträgen. Aber nicht nur die Aufgaben des alten Jahres sollen abgeschlossen, sondern auch die für das nächste Jahr bereits erfolgreich vorbereitet werden. Schon können sich viele Arbeitnehmer von der 40-Stunden-Woche verabschieden. Damit der Stress keine Überhand gewinnt, sollten Sie jedoch auf folgende Dinge achten

Setzen Sie Prioritäten

Ein gutes Organisations- und Zeitmanagement ist die beste Voraussetzung für erfolgreiches Arbeiten. Visualisieren Sie Ihre Aufgaben und ordnen Sie diese systematisch nach Ihren Prioritäten. Hilfreiche Tools hierbei sind einfach to-do-Listen oder die Unterteilung nach dem Eisenhower-Prinzip. Diese Übersicht wird Ihnen helfen, sich nicht von Aufgaben nervös machen zu lassen, die eigentlich noch getrost einige Tage auf ihre Umsetzung warten lassen können und zeigt gleichzeitig, wo es wirklich brennt. Außerdem haben Sie die Möglichkeit so auf einen Blick zu erkennen, ob die Aufgaben, die sich auf Ihrem Schreibtisch stapeln auch tatsächlich dahingehören oder eher Aufgaben des Nachbarbüros sind. Sollte letzteres zutreffen, zögern Sie nicht Aufgaben abzugeben.

Aufschieben vermeiden

Nehmen Sie die dringenden Aufgaben dann schnellstmöglich in Angriff – auch, bzw. besonders dann, wenn Sie unangenehm sind. Häufig bringen wir uns selber in Stresssituationen in dem wir Tätigkeiten hinauszögern, die Aufwand, Langeweile oder Kommunikation mit einem Kunden oder Kollegen bedeuten, der nicht gerade unser bester Freund ist. Dabei müssen wir die Aufgaben sowieso irgendwann in Angriff nehmen. Tun Sie dies deswegen lieber heute als morgen. Sie werden sehen: Sobald die Aufgabe vom Tisch ist, fühlen Sie sich besser. Versuchen Sie also lieber dieses Gefühl zu verlängern, als die Tätigkeit tagelang im Hinterkopf tragen und vor sich herschieben zu müssen

Finden Sie einen Ausgleich

Wer im Büro gestresst ist, sollte nach der Arbeit unbedingt einen Ausgleich finden. Gehen Sie mit Freunden aus, treiben Sie Sport und kochen Sie gemeinsam mit Ihrem Partner etwas Gesundes und Leckeres. Vermeiden Sie hingegen Abende vor dem Computer oder Fernseher. Ihr Körper braucht eine Pause vom Bildschirm und außerdem etwas Aktivität und Bewegung. Auch wenn Sie eigentlich denken viel zu müde dafür zu sein, wenn Sie sich erst mal zu einer Runde Bewegung aufgerafft haben, geht es Ihnen anschließend garantiert besser. Ein kurzer Spaziergang an der frischen Luft ist auch schon vollkommen ausreichend. Nutzen Sie hierfür bei Gelegenheit auch gerne Ihre Mittagspause, um für die zweite Tageshälfte neue Energie zu sammeln.

Lachen ist die beste Medizin

Es klingt fast zu simpel um wahr zu sein, aber es hilft tatsächlich: Lachen Sie viel. Lachen raubt Ihnen keine Zeit und kostet Sie keine Anstrengung. Gut gelaunt sind wir jedoch produktiver und reagieren automatisch weniger empfindlich auf Stressoren. Genießen Sie deswegen die kleinen Augenblicke im Joballtag. Das Lächeln des Kollegen, wenn Sie am Morgen an seinem Schreibtisch vorbei gehen, ein kurzer Witz an der Kaffeemaschine, ein kleiner Plausch nach Feierabend. Nutzen Sie diese Momente um durchzuatmen, kurz zu entspannen und alle Lasten für einen kleinen Augenblick zu vergessen.

Natürlich sind all diese Tipps nur dann geeignet, wenn Sie in der Lage sind Ihr Stresslevel noch selber zu managen. Sollten Sie sich tatsächlich langfristig grenzenlos überfordert fühlen, gilt es unbedingt mit Ihrem Vorgesetzten darüber zu sprechen und eine gemeinsame Lösung zu finden!

Burnout: Krank durch den Job?

Leider hört man mittlerweile immer öfter, dass Arbeitnehmer an Burnout erkranken. Oft gehen Arbeit und Burnout Hand in Hand. Schon längst ist diese Krankheit kein Tabuthema mehr und viele Betroffene trauen sich offen dazu zu stehen.

Die Gründe dafür sind zahlreich und von Person zu Person individuell, da jeder verschiedene Charaktereigenschaften besitzt. Die Hauptursachen sind in den meisten Fällen jedoch:

  • Stress durch hohe Arbeitsbelastung
  • Fehlendes oder überwiegend negatives Feedback

– Geringe Wertschätzung der Arbeit

– „Deine Arbeit ist es nicht wert gelobt zu werden!“

  • Ständige Konfrontation mit Problemen

– durch Kunden, Klienten, Mitarbeitern/Kollegen, den Vorgesetzten etc.

  • Keine klare Abgrenzung zwischen Beruf- und Privatleben
  • Zu hohe oder unklare Erwartungen und Zielvorgaben

– ‚Zerrissenheit‘ zwischen Erwartungen des Chefs, der Kollegen etc.

  • Überforderung

– Durch bspw. Komplexe oder ständig wechselnde Aufgaben

  • Geringer Verdienst/Arbeitsplatzverlust

Wer ist gefährdet?
Eine bestimmte Ziel- und/oder Altersgruppe lässt sich hier nicht bestimmen. Jeder ist einmal von der Arbeit, dem Haushalt oder familiären Verpflichtungen erschöpft, dies ist nur schwer zu vermeiden und ab und an verständlich. Nur zu einem Dauerzustand sollte es nicht werden. Der Arbeitsumfang und –aufwand, die Vielfalt der Aufgaben und vor allem der Leistungsdruck steigen stetig, sowohl auf der Arbeit, als auch privat. Grundsätzlich ist jedoch erkennbar, dass Menschen mit einem ausgeprägten Perfektionismus, dem Helfersyndrom, starkem Ehrgeiz, aber auch sehr sensible Menschen, häufiger an Burnout erkranken, als Menschen, die ausgeglichener sind.

Symptome
Die Symptome sind, ähnlich wie die Gründe für ein Burnout, unterschiedlich. Zwar lassen sich ‚Hauptsymptome‘ ausmachen, doch es nicht zu bestimmen, welches Symptom wann und bei wem einsetzt. Häufig ist es so, dass die Anzeichen nacheinander auftreten und sich gegenseitig ‚ergänzen‘.
Folgende Indizien sollten Sie zum Nachdenken anregen:

  • Zunehmende Erschöpfung und Abgeschlagenheit
  • Das Gefühl, ausgebrannt zu sein
  • Niedergeschlagenheit
  • Häufige Gereiztheit
  • Antriebslosigkeit/Motivationslosigkeit/Aussichtslosigkeit
  • Anspannung und innere Unruhe
  • Fehlende Freude an Hobbies und/oder Gewohnheiten

Durch den alltäglichen Stress, dem Druck den Erwartungen zu entsprechen, dem Pflichtgefühl gegenüber dem Chef und den Kollegen und dem Zeitdruck sind Arbeitnehmer eine gefährdete Zielgruppe für ein Burnout. Jedoch nicht nur die Angestellten, sondern auch die Vorgesetzten und der Chef laufen Gefahr zu erkranken. Oft werden zu viele Aufgaben gleichzeitig erledigt, die Arbeit ‚mit nach Hause genommen‘ oder extra Aufgaben erfüllt, um im Ansehen zu steigen.
Unterschätzen Sie die Gefahr des Burnouts nicht und planen Sie sich Entspannungspausen von vornherein mit ein. Sie müssen und dürfen abschalten und entspannen.
„Ich bin ein Workaholic“ – Fluch oder Segen?

Mythos Work-Life-Balance: Arbeit muss (keinen) Spaß machen

Arbeit muss Spaß machen, lautet das Credo der Generation Y. Doch muss sie das wirklich? Nur bedingt, überweisen Arbeitgeber ihren Angestellten doch für geleistete Arbeit am Monatsende ihr Gehalt, eine Kompensation. Und früher, ja, da war Feldarbeit auch kein Privatvergnügen. Jan Thomas Otte, Chefredakteur von „Karriere-Einsichten“ hat über den Sinn des Schuftens mit Dr. Ernst von Kimakowitz an der Business School in St. Gallen gesprochen…

Arbeit kann Spaß machen, muss sie aber nicht. „Wenn Spaß an der Arbeit den netten Zeitvertreib mit Kollegen meint, sind wir auf dem Holzweg“, erklärt Ernst von Kimakowitz. Wenn es aber darum geht, dass Arbeiten Freude macht, gehöre die Herausforderung ebenso dazu wie das gebührende Feiern danach.

Unternehmensberater nennen das gerne „Work hard, play harder“, vergessen dabei aber die notwendige Entspannung nach einer stressigen Projektphase. Manager sieht Ernst von Kimakowitz hier in der Pflicht, klare „Leitplanken“ für ihre Mitarbeiter zu bauen. Niemand könne permanent Gas geben, ohne dabei irgendwann die Kontrolle über das eigene Fahrzeug zu verlieren.

Was bedeutet das für die Work-Life-Balance? Was das ganze Drumherum angeht, rät Ernst von Kimakowitz guten Chefs und solchen, die das noch werden wollen: „Arbeitsplätze anbieten, an denen das Arbeiten an sich Spaß macht.“

Dafür liefert der Forscher zwei Gründe: Zuerst die Verantwortung den Mitarbeitern gegenüber, einen unreflektierten „Frohndienst“ ähnlich wie im Mittelalter zu vermeiden, sei es doch „eine positive Errungenschaft, nicht etwa einen Rückschritt, dass wir uns heute darüber Gedanken machen können, wie wir Arbeit und Arbeitsplätze gestalten wollen“.

„Wenn ich den ganzen Tag körperlich arbeite, brauche ich auch mal einen gemütlichen Fernsehsessel.“

Beim Ausbalancieren vom „Work-Life“ sieht der Unternehmensethiker zunächst etwas ganz Natürliches, die Bewegung: „Wenn ich bei der Arbeit den ganzen Tag sitze, brauche ich Bewegung in der Freizeit.“ Das muss nicht gleich Leistungssport sein. Umgekehrt sagt Ernst von Kimakowitz: „Wenn ich den ganzen Tag körperlich arbeite, brauche ich auch mal einen gemütlichen Fernsehsessel.“

Hinzu kommt die Beziehung zu den Menschen um einen herum, wobei sich manche lieber zum Entspannen unters Volk mischen als andere. „Wenn ich den ganzen Tag alleine am Computer tippe, brauche ich in der Freizeit das Bierchen mit Freunden“, so Ernst von Kimakowitz. Dabei wünscht sich der Akademiker – wie im Eingangsbeispiel angedeutet – den „geringstmöglichen Grad an Intellektualität“. Das Abschalten vom Arbeitsmodus, in einem Wort auch Resilienz genannt, ist alles andere als leicht, aber wichtig – Freunde helfen dabei!

Neben Bewegung und Beziehungen geht es beim Ausbalancieren des Work-Life natürlich auch viel um unsere Art von Arbeit. In unserer hochspezialisierten, arbeitsteiligen Welt ist jeder von uns irgendwo und irgendwie ein Nischenexperte. Um nicht den Fachidiotenstempel aufgedrückt zu bekommen, empfiehlt Ernst von Kimakowitz allen Work-Life-Balance-Orientierten, sich regelmäßig folgende Schlagworte als Sinnfrage durch den Kopf gehen zu lassen: Erfüllung, Bestätigung, Herausforderung. Diese Dinge wollen wir alle erfahren, resümiert Ernst von Kimakowitz. „Je weniger wir das durch unsere Arbeit tun, desto mehr streben wir danach, sinnhafte Tätigkeiten außerhalb der Arbeit zu unternehmen.“

Schuftest du noch oder lebst du schon deine Arbeit?

Checklisten, in denen Prozente für das Verhältnis Hobby vs. Familie vs. Arbeitszeit vergeben werden, hält der Unternehmensethiker für Quatsch: „Wir sind alle verschieden.“ Ebenso kritisch sieht Ernst von Kimakowitz Ratschläge, mindestens eine Coaching-Stunde pro Monat zu nehmen, um seine Kariereziele zu erreichen.

Reflexionsphasen, die man mit sich selbst aushandelt oder, wenn möglich, im Kreise vertrauter Menschen bespricht, findet Ernst von Kimakowitz äußerst sinnvoll. Die Frage nach der Work-Life-Balance geht also über kurzfristige Meeting-Marathons hinaus. In diesem Sinne zum Schluss die Frage: Schuftest du noch oder lebst du schon deine Arbeit?

5 Fragen an: Iris Schöberl

Bis zu meinem Burn-Out im Jahr 2011 war ich als Rating-Spezialistin für die BayernLB tätig. Diese Tätigkeit hat mich letztlich in ein Burn-Out-Syndrom geführt, welches ich mit professioneller Hilfe nun (im Jahr 2014) erfolgreich überwunden habe. Ich habe gelernt, dass verantwortungsvolles Arbeiten und leistungsangetriebenes Leben auch Spass machen kann, wenn man die Rahmenbedingungen zu seinen Vorteilen ändert. Deshalb habe ich einen ersten Schritt getan und ein Buch über mein Thema Burn-Out („Leiden aus Leidenschaft“)  geschrieben. Ein weiterer Teil mit konkreten Hilfen ist in Arbeit und wird voraussichtlich im Herbst in den Buchhandel kommen.

1. Die Work-Life-Balance findet immer mehr Beachtung, Arbeitsbedingungen verbessern sich, moderne Technik macht flexible Arbeitszeiten möglich. Warum fühlen sich trotz dieser Entwicklung immer mehr Arbeitnehmer gestresst und überfordert?

In der Tat wird derzeit von vielen Unternehmen und arbeitnehmerfreundlichen Einrichtungen sowie der Politik die Verbesserung der Work-Life-Balance propagiert. Dennoch gibt es eine große Diskrepanz zwischen dem Wunsch nach Verbesserung und den tatsächlichen Gepflogenheiten in den Unternehmen. Durch den Trend zur ständigen mobilen Erreichbarkeit des Arbeitnehmers, von dem erwartet wird, dass er überall zu jeder Uhrzeit für seine Vorgesetzen erreichbar sein muss, wird die flexible Arbeitszeit ad absurdum geführt. Der Mitarbeiter ist nicht „freier“ geworden, sondern zum Sklaven der modernen Technik geworden. Die Umstellung auf die ständige Bereitschaft fordert zur Zeit hohen Tribut von Mensch und Wirtschaft.

2. Kurze Stressphase oder Gefahr des Burn Outs: Wie erkenne ich den Unterschied?

Burn-Out erkennt man an dem Zusammenspiel vieler einzelner Punkte über einen längeren Zeitraum

  • keine nachhaltige und vollständige Erholung nach Wochenenden und/oder Urlauben
  • ständige Gereiztheit
  • Zurückzug vom sozialen Leben
  • Ständige „unnatürliche“ Müdigkeit
  • Wunsch nach Beendigung der derzeit herrschenden Situation

Weitere Informationen hierzu lesen Sie bitte in meinem Buch: „Leiden aus Leidenschaft“ nach, welches ich im Kindle-Shop von Amazon veröffentlicht habe.

3. Wie wichtig sind Aspekte wie gesunde Ernährung und ausreichend Bewegung um ein Burn Out vorzubeugen?

Generell ist gesunde Ernährung und ausreichende Bewegung gut für den Menschen in jeder Lebenssituation. Alleine reichen diese Punkte sicher nicht aus, um eine Burn-Out zu verhindern. Dennoch unterstützen sie den Genesungsprozess, wenn man Burn-Out Syndrome aufzeigt.

4. Was kann ich außerdem tun, um mein Stresslevel am Arbeitsplatz zu verringern?

Sprechen Sie mit Ihrem Vorgesetzten. Gehen Sie offensiv mit dem Thema um. Sie werden sehen, dass nicht nur Sie, sondern viele in Ihrem Umfeld ebenfalls an einer Überarbeitung und hohem Stress leiden. Sprechen Sie mit Ihrem Betriebsarzt. Möglicherweise haben Sie die Chance, gemeinsam mit Kollegen und Vorgesetzten das Klima in Ihrem Unternehmen zu ändern.

5. Wenn es schon zu spät ist: Ich fühle mich leer und ausgebrannt – Wie komme ich hier wieder raus?

Erste Schritte nach dem Erkennen sind:

  • gehen Sie zum Arzt Ihres Vertrauens!
  • Sprechen Sie die Situation an und bitten ihn um professionelle Hilfe!
  • Ihr Arzt wird Ihnen in der Regel medizinische Unterstützung bieten können, oder Sie an entsprechende Einrichtungen vermitteln.

Seien Sie sicher, dass wenn Sie den ersten Schritt in diese Richtung eingeschlagen haben, dann haben Sie bereits den schwersten Schritt getan. Denn die Erkenntnis, dass man in einem Burn-Out steckt und nicht mehr „funktioniert“ ist möglicherweise das Schwerste, was Sie bisher erlebt haben.

5 Fragen an: Bernd Slaghuis

Dr. Bernd Slaghuis appelliert an die Selbstverantwortung jedes Einzelnen für sein Leben. Der Ökonom und Systemische Coach hat sich auf Fragen der Neuorientierung im Beruf spezialisiert, betreibt eine Coaching-Praxis in Köln und ist zudem als Strategieberater für Unternehmen sowie als Dozent und Redner tätig.

Sein Leitsatz: „Glück und Zufriedenheit sind die Basis für Gesundheit und Erfolg im Leben.“ Er ist überzeugt, dass jeder das Rüstzeug und die Möglichkeiten hat, das zu tun, was ihn glücklich macht.

1. Sie unterstützen Ihre Kunden beim „Downshifting“. Was verstehen Sie darunter?

Ich erlebe viele Menschen, häufig mit einer typischen Bilderbuch-Karriere, die mit ihrer beruflichen und auch privaten Situation unzufrieden sind und sich eine Veränderung wünschen. Diese Veränderung geht oft einher mit dem Wunsch, im Job runterzuschalten, auch freiwillig auf Einkommen zu verzichten, dafür aber mehr Zeit mit Dingen zu verbringen, die mehr Sinn stiften. Downshifting bedeutet nicht Faulenzen oder Langsamkeit, sondern den eigenen Entschluss, gezielt aus einem häufig als fremdbestimmt empfundenen Leben zu mehr Selbstbestimmung zu gelangen. Hier sind die unterschiedlichsten Möglichkeiten denkbar. Das Spektrum reicht von der Kündigung des aktuellen Jobs und dem Beginn mit etwas ganz Neuem bis hin zu einem bewussten Runterschalten und Kürzertreten im Beruf und der Entscheidung, andere Werte, die einem im Leben wichtig sind, stärker in den Vordergrund zu rücken. Beim Downshifting steht in meiner Wahrnehmung nicht ein Weniger an Arbeit, sondern die selbst getroffene Entscheidung im Fokus, selbstbestimmt, eigenverantwortlich und gelassener die eigenen Ziele zu verfolgen. Wer downshifted arbeitet danach nicht unbedingt weniger, aber glücklicher und zufriedener.

 

2. Woran erkennen Arbeitnehmer, dass Ihr Stresspegel zu hoch ist?

Stress ist ja zunächst nicht grundsätzlich etwas Schlechtes, sondern kann in bestimmten Situationen auch positive Aspekte haben. Wenn Menschen mit großer Leidenschaft einem Ziel nachgehen und sich ihren Aufgaben förmlich hingeben, empfinden sie auch eine große Menge an Arbeit oder auch knappe Zeit nicht als negativen Stress, sondern als Herausforderung. Negativer Stress im Beruf kann unterschiedliche Ursachen und Wirkungen haben. Manche Arbeitnehmer stresst es, in zu enge Strukturen oder Abläufe eingebunden zu sein, einige empfinden Stress, weil sie mit ihren Kollegen nicht auskommen, andere kann es auch stressen, zu wenig Aufgaben am Tag zugewiesen zu bekommen. Viele meiner Klienten im Coaching stresst es, Tätigkeiten nachzugehen, die nicht mehr ihren eigenen Werten entsprechen. Etwas in ihren Augen nicht sinnhaftes zu tun, ist eine sehr häufige Ursache für Frust am Arbeitsplatz. Auch die Reaktionen der Menschen auf Stress können sehr unterschiedlich sein, von Krankheiten, wie Herz-/Kreislaufbeschwerden bis hin zu psychischen Reaktionen, wie beispielsweise Depressionen oder Verhaltensstörungen. Unabhängig davon, was der Auslöser von Stress ist und wie die Reaktion des Körpers darauf ist, erkennen wir in der Regel für uns selbst, wenn wir unzufrieden und unglücklich sind. Ich meine hier nicht den stressigen Tag vor einer wichtigen Präsentation oder die Zeit vor dem nahenden Urlaub, vor dem noch alles erledigt werden muss, sondern dauerhafte Unzufriedenheit. Wenn jemand für sich erkennt, dass er in seinem beruflichen Umfeld nicht mehr glücklich wird, sollte er etwas in seinem Leben verändern.

 

3. Immer mehr Zeitschriften titeln: „Rettet den Feierabend!“. Ein Appell an jeden Arbeitnehmer oder sind die Arbeitgeber verantwortlich für das steigende Stresslevel?

Ich habe diese Artikel gelesen und die Diskussion mitverfolgt. Gestört hat mich daran, dass fast immer die „bösen“ Arbeitgeber Schuld an den Belastungen der Arbeitnehmer sind. Die Beiträge erfüllen genau die Sicht der jammernden Angestellten, die sich durch ihre Arbeitgeber wie eine Zitrone ausgepresst fühlen – Tag und Nacht, sieben Tage die Woche. Das ist nachvollziehbar, denn dies ist ja auch die Masse der Leser. Es ist sicherlich richtig, dass die Arbeitswelt in den letzten Jahrzehnten deutlich an Geschwindigkeit zugenommen hat und für immer mehr Aufgaben weniger Zeit zur Verfügung steht. Das hat auch etwas mit Industrialisierung, technischem Fortschritt und gestiegenen Anforderungen im internationalen Wettbewerb zu tun. Aber, sind wir doch mal ehrlich: Was wäre anders, wenn Sie ihr geschäftliches Blackberry oder Smartphone abends um 20 Uhr aus- und morgens um 8 Uhr wieder einschalten würden? Was könnten Sie verpassen? Was hätte nicht auch Zeit, um am nächsten Morgen erledigt zu werden? Hat der 24-Stunden-7-Tage-die-Woche- Erreichbarkeits-Wahn nicht vielleicht auch etwas damit zu tun, sich unentbehrlich und unersetzbar fühlen zu wollen und sogar zur tiefsten Schlafenszeit auf der Suche nach Anerkennung noch die Welt retten zu wollen? Den Feierabend retten kann aus meiner Sicht nur jeder für sich selbst – egal ob Arbeitnehmer oder Arbeitgeber. Beide Seiten sind selbst für ihr Handeln verantwortlich. Insofern ist es ein Appell an jeden, für sich zu entscheiden, was ihm in der Zeit außerhalb des Büros wichtig ist. Wer immer erreichbar sein möchte, weil es ihn vielleicht beruhigt, nichts zu verpassen, soll entsprechend handeln. Wem das Feierabend-Bier und Abschalten wichtig ist, sollte für sich passende Regeln und Strukturen schaffen, die dies ermöglichen.

 

4. Sehen Sie bestimmte Berufsgruppen als besonders gefährdet für starken Stress?

Nein, denn wie aus den vorigen Antworten schon sichtbar wird, bin ich der Überzeugung, dass jeder selbst für sein Leben und damit auch für seinen Stress verantwortlich ist. Das ist unabhängig von einem Beruf, einer Karriere-Stufe oder einer Branche. Ein Angestellter mit einem geregelten nine-to-five-Job im öffentlichen Dienst kann sich genauso gestresst fühlen wie ein Top-Manger. In der Außenwahrnehmung mag es sicherlich Berufe geben, die schnelle Reaktionszeiten oder auch körperliche Höchstleistungen erfordern. Denken Sie zum Beispiel an Piloten, Aktienhändler oder Fluglotsen. Auch Bauarbeiter auf 8-spurigen Autobahnen verdienen meinen höchsten Respekt für ihre Arbeit. Ob diese Menschen Stress gefährdet sind, liegt an ihnen. Wer sich für den Beruf des Aktienhändlers entscheidet, wird zu diesem Zeitpunkt wissen, was es bedeutet. Stress wird dies meist immer erst dann, wenn sich die eigenen Werte im Leben und Beruf verändern. Ein Pilot, dem ursprünglich vielleicht die Verantwortung für Menschen, die Technik oder das Reisen in ferne Länder wichtig war, der aber dann Vater wird und gerne regelmäßiger bei seiner Familie wäre, wird wahrscheinlich mit der Zeit in seinem Beruf unglücklich werden und seine Arbeit als Stress empfinden.

 

5. Halten Sie es für möglich, erfolgreich in der Führung eines Großunternehmens zu sein und gleichzeitig Zeit für Hobbies und Familie zu haben?

Ja. Warum nicht? Es geht hierbei nicht um die andauernde und auch sehr wichtige Debatte um die Vereinbarkeit von Familie und Beruf. Sicherlich haben Vorstände oder Geschäftsführer (m/w) nicht immer die Möglichkeit, regelmäßig bei ihrer Familie zu sein, wie es bei Angestellten in der Regel der Fall ist. Aber auch Manager können in einem gewissen Rahmen frei entscheiden – und hier haben sie infolge ihrer Position oft mehr Freiräume als Angestellte – wie sie ihre Zeit einteilen. Wer Zeit für Hobbies und Familie haben möchte, wird einen passenden Weg hierfür finden.