5 Fragen an: Bianca Koch

Bianca Koch ist Inhaberin des Seminar- und Coachinginstituts Ressourcenschmiede in Uettingen bei Würzburg. Sie begleitet als Coach und Seminarleiterin Führungskräfte und Unternehmer mit den Themen Ziel- und Erfolgsorientierung sowie Persönlichkeitsentwicklung und Kommunikation. Die psychologische Beraterin (ILP) nutzt bei der Arbeit mit ihren Klienten ihre langjährige Erfahrung in Personalführung, lösungsorientierter Kurzberatung und Teamentwicklung. Flexibilität, Einfühlungsvermögen und erfolgsorientierte Kommunikation sind hier täglich gefragt.Ihre umfangreichen Erfahrungen in ihrem Ursprungsberuf Bilanzbuchhalterin ergänzen die Expertise um Zielorientierung, Systematik und Effizienz.

1. Wie erkenne ich meine beruflichen Stärken?

Berufliche Stärken sind vielfach nicht die Stärken, die in der Ausbildung erworben wurden – weder Fachkenntnisse noch Metakompetenzen. Aus einem Kennen oder Können wird Stärke dann, wenn Emotionen im Spiel sind. Positive Emotionen.

Stellen Sie sich einmal einen Buchhalter vor, der sich auf die Stelle eines Chief Accounters bewirbt. Welche geschäftlichen Vorgänge wie verbucht werden müssen, weiß er, das sind, neben anderen, seine Kenntnisse. Oft wird die Detailkenntnis darüber, also wie eher seltene Geschäftsvorfälle zu behandeln sind, als Stärke eines Buchhalters gedeutet. Doch meist ist das falsch, es werden Kenntnisse und Stärken vermischt. Wer zwar seine Kenntnisse nutzt, aber seine Stärken auszuleben vernachlässigt, läuft Gefahr, in Langeweile und Frustration zu ersticken.
Eine Stärke, die dazu führt, dass unser Buchhalter die Stelle des Chief Accounters ausfüllen kann, wäre zum Beispiel die Fähigkeit, komplexe Zusammenhänge zu erkennen. Wenn er beim Nachdenken darüber, wie ein buchhalterisches Problem steuer- und handelsrechtlich einwandfrei gelöst werden kann, Freude daran spürt, Lösungen zu finden, dann ist Problemlösungsfähigkeit seine Stärke. Und eben nicht zu wissen, wie der Buchungsgrundsatz „Soll an Haben“ angewendet wird.

Viele Stärken, die schon beruflich eingesetzt werden, erkennt man daran, dass man Spaß daran hat, sie zu nutzen, dass einem dabei das Herz aufgeht, dass man manchmal sogar Zeit und Raum um sich vergisst, wenn man dabei ist, intensiv eine Stärke im Job einzusetzen. Schwieriger ist es schon, Stärken zu erkennen, die nicht so offensichtlich sind, die im derzeitigen Job nicht verwendet werden. Hier gilt es, in sich hineinzuspüren und systematisch zu erforschen, welche Begabungen und Talente da sind oder im Unbewussten schlummern. Erstellen Sie in einer ruhigen Minute eine Liste mit all dem, was Sie schon als Kind gern gemacht haben, was Ihnen besonders viel Spaß gemacht hat. Beantworten Sie sich dann die Frage, was Sie heute besonders interessiert, was Sie heute besonders gerne tun, was Ihnen heute besonders gut von der Hand geht. Schreiben Sie alles auf. Ergänzen Sie nach einigen Tagen Ihre Aufzeichnungen, und spüren Sie in sich hinein, welche Punkte auf Ihrer Liste angenehme Emotionen auslösen. Überlegen Sie, welche Talente oder Begabungen Sie beruflich einsetzen können, im jetzigen Beruf oder vielleicht auch in einem anderen. Und denken Sie daran: die größten Stärken sind uns allen so selbstverständlich, dass wir sie als Stärke nicht wahrnehmen. Fragen Sie also auch in Ihrem Umfeld danach, welche Stärken Sie haben. Sie werden überrascht sein!

2. Wie gehe ich bestmöglich mit Schwächen um?

Schwächen lösen in uns ein unangenehmes Gefühl aus, wenn sie uns bewusst werden. Die Folge davon kann sein, dass wir dann Sätze zu uns sagen wie: „Das kannst du nicht!“, „Du bist zu dumm, um …“, „Aus dir wird ja sowieso nichts!“, und so weiter. Doch diese Selbstentwertung führt zu nichts Gutem, ebenso wenig wie „Reiß dich zusammen!“ oder Ähnliches.

Besser und zielführender ist es, erst einmal einfach anzuerkennen, dass eine Schwäche da ist, ohne jegliche Bewertung und Schuldzuweisung. Wenn so eine Schwäche gerade bewusst wird, und ein unangenehmes Gefühl steigt hoch, dann sagen Sie diesem Gefühl: „Danke, dass du mich darauf aufmerksam machst, du hast einen guten Job gemacht. Jetzt will ich mich aber darauf konzentrieren, mir diese Schwäche anzuschauen und eine gute Lösung zu finden, mit ihr umzugehen.“ – Der Satz sagt es schon: Schauen Sie sich die Schwäche an als sei sie ein Ding. Geben Sie ihr einen Namen, eine Bezeichnung. Welche Merkmale hat die Schwäche? Welchen Nutzen hat die Schwäche möglicherweise? Keine? Ok, dann tun Sie so, als hätte sie einen Nutzen – welcher könnte es hypothetisch sein? Können Sie mit ihr leben oder wollen Sie etwas an ihr verändern? Welches Ziel haben Sie in Bezug auf die Schwäche? Sein lassen? Ausgleichen? Wie? Am Ende in eine Stärke umwandeln? Warum? Was haben Sie davon, wenn Sie Ihr Ziel erreichen?

Wenn Sie sich so mit Ihrer tatsächlichen oder vermeintlichen Schwäche beschäftigen, verliert sie ihre Macht und kann Sie nicht mehr blockieren. Sie wissen nun, was Sie tun wollen, wie Sie damit umgehen wollen. Jetzt gilt es, das Ziel umzusetzen, und am Ziel angelangt, hat die Schwäche ihre Existenz eingebüßt, und Sie haben ein Erfolgserlebnis!

3. Was antwortet ein Bewerber im Jobinterview am besten auf die Frage nach seiner größten Schwäche?

Es kann schwierig sein, ausgerechnet vor einem potenziellen Arbeitgeber eine Schwäche zu offenbaren. Es könnte peinlich sein – schließlich will ja kaum jemand freiwillig „die Hose runterlassen“. Es könnte auch sein, dass dies das „Aus“ bedeutet. Doch es nützt nichts. Die Frage ist gestellt, und am schlimmsten wären Ausweichmanöver oder ein Abstreiten.

Machen Sie sich folgendes bewusst:

  1. Hinter der Frage nach der größten Schwäche steckt in Wirklichkeit meist die Frage nach der Stärke der Persönlichkeit. Die Frage lautet also: „Bist du stark genug, eine Schwäche zuzugeben?“ Weitere Fragen, die mitschwingen: „Kannst du dich selbst reflektieren? Bist du kritikfähig? Wie gehst du mit herausfordernden Situationen um? Wie steht es um dein Selbstbewusstsein?“
    Beantworten Sie die Frage ruhig und sachlich, vor allem aber authentisch. Daher ist es unbedingt notwendig, sich mit diesen Themen vor anstehenden Jobinterviews damit zu beschäftigen. Rechtfertigen Sie sich nicht; Sie haben Schwächen, Punkt; wie jeder andere Mensch auch.
  2. Schwächen sind versteckte Stärken. Man erkennt sie zunächst nicht, weil sie ja versteckt sind. Also gilt es auch hier, sich vor einem Jobinterview ein paar Gedanken dazu zu machen. Was will mir eine Schwäche zeigen? Ungeduld beinhaltet auch den Drang zum Erfolg. Nachdenklichkeit hat mit genauem Bedenken, mit Analyse zu tun. Nachgiebigkeit und Empathie gehören zusammen. Verbissenheit birgt in sich Durchhaltevermögen. Welchen positiven Aspekt beinhaltet Ihre größte Schwäche? Argumentieren Sie (kurz!), wie Sie Ihre Schwäche zum Positiven nutzen!

4. Ist es für die Persönlichkeitsentwicklung ratsamer sich auf den Ausbau der Stärken oder den Abbau der Schwächen zu konzentrieren?

Das kommt ganz darauf an. In vielleicht 80 % der Fälle wird man mehr Erfolg damit erzielen, wenn man sich auf das Stärken der Stärken konzentriert. Im verbliebenen Fünftel der Fälle nimmt eine Schwäche so viel Raum ein, dass es Sinn macht, zunächst daran zu arbeiten.

In den meisten Fällen werden Sie also eher das stärken wollen, was bereits jetzt zumindest im Ansatz gut ist. Man kann dies auch die „Hin-Zu-Strategie“ nennen. Hin zu mehr von dem, was funktioniert. Wenn Sie zum Beispiel gut mit Menschen umgehen können, dann bauen Sie das aus, denn je besser Sie mit Menschen umgehen, desto erfolgreicher können Sie selbst sein und desto mehr hat Ihr Umfeld davon. Wenn Selbstvertrauen eines Ihrer Persönlichkeitsmerkmale darstellt, dann macht es Sinn, es auszubauen und zu stabilisieren, weil Sie dann auch in schwierigen Situationen das Leben gelassen und stabil bewältigen.

Die „Weg-von-Strategie“ ist angebracht, wenn eine Schwäche in der Persönlichkeit aus eigener Sicht oder von außen gesehen so stark ausgeprägt ist, dass sie die positiven Aspekte der Persönlichkeit behindert oder überdeckt. Aus eigener Sicht bedeutet, dass Sie unter der gegebenen Schwäche leiden, dass sie Sie womöglich in Ihrem Vorankommen blockiert. Von außen gesehen könnte die Schwäche in der Wahrnehmung so weit im Vordergrund stehen, dass positive Aspekte Ihrer Persönlichkeit nicht mehr gesehen werden und sich so ein verzerrtes Bild Ihrer Persönlichkeit ergibt.

Wenn Sie die „Weg-von-Strategie“ wählen, müssen Sie mit mehr Energieeinsatz rechnen, denn diese Vorgehensweise hat immer mit Zugeben von Defiziten, mit deren Überwindung zu tun, mit Veränderung, beständigem Einüben neuen Verhaltens. Nach aller Erfahrung machen die Resultate jede Mühe wieder wett. Es lohnt sich!

5. Wie wichtig ist eine gefestigte Persönlichkeit für den beruflichen Erfolg?

Eine gefestigte Persönlichkeit ist stabil und lässt sich nicht so einfach aus dem Gleichgewicht bringen. Menschen mit einer gefestigten Persönlichkeit sind in allen Situationen widerstandsfähiger, stressresistenter, gelassener, ruhiger als andere. Sie behalten auch dann einen kühlen Kopf, wenn andere schon ihren Kopf verlieren. Sie handeln aus eigener Überzeugung und nicht durch Manipulation von außen. Sie können sich selbst motivieren, weil sie wissen, was sie wollen. Sie sind unabhängiger, weil sie schneller autarke Entscheidungen treffen können. Sie kennen sich selbst mit all ihren Vorzügen und Schwächen; dadurch können sie ihre individuelle Persönlichkeitsstruktur besser nutzen.

Für alle also, die unter beruflichem Erfolg mehr sehen als ein möglichst komfortables Verbringen von täglichen acht Stunden, ist eine gefestigte Persönlichkeit der wichtigste Faktor für den beruflichen Erfolg. Auch in allen anderen Lebensbereichen wirkt sie sich positiv aus, was wiederum eine positive Rückkoppelung zum beruflichen Bereich bedeutet, denn alle Lebensbereiche beeinflussen sich wechselseitig, negativ wie positiv.

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